Vor ein paar Wochen (eher Monaten) erreichte mich eine Frage von Julia:
Hallo liebe Franziska,
vielen lieben Dank für deine vielen wertvollen Tipps und Einblicke!Mit deinem aktuellen Blogbeitrag triffst du genau meinen wiederkehrenden Engpass. Einerseits Kontinuität beweisen und andererseits einzelne Bausteine auch anzupassen ist gefühlt wie ein Drahtseilakt. Die Schwierigkeit dabei ist, zur richtigen Zeit die richtigen Stellschrauben zu finden.
Nach welcher Zeit sollte Ausdauer aufhören und wann sollte die Strategie angepasst werden? Wann und wie erkennt man, ob man die Bedürfnisse der Zielgruppe falsch eingeschätzt hat? Wo fängt Durchhaltevermögen an und wo sollte eine falsche Fährte aufhören? Gibt es dafür ungefähre Richtwerte? Nach welchem Zeitraum sollte z.B. Telefonakquise Erfolg zeigen, wenn man jede Woche 5 bis 10 potenzielle Kunden kontaktiert? Und wenn nach 6 oder 12 Monaten keine Aufträge darüber Zustande kommen, sollte man dann das Angebot, die Zielgruppe oder die Methode ändern?
Ein Überblick über verschiedene Methoden, beispielhafte Zielsetzungen und ungefähre Zeitfenster, zu denen sich Erfolge zeigen sollten, wäre ein Traum. 🙂
Viele liebe Grüße,
Julia
Das, was Julia beschreibt, kennen wahrscheinlich viele. Eine gute Balance zu finden zwischen Ausdauer und Strategieanpassung ist wahrscheinlich eine der größten Hürden, die Kreative auf ihrem Weg zu ihren wirtschaftlichen und kreativen Zielen meistern … bzw. meistern müssen.
Als Erstes erst einmal eine Randnotiz vorweg. Julia spricht in ihrer Email von fünf bis zehn (neuen?) Kontakte pro Woche. Das klingt für mich sehr viel. Natürlich hängt das auch von dem spezifischen Markt ab, auf dem du arbeiten möchtest, aber die meisten Kreativen brauchen gar nicht so viele Kontakte, um wirtschaftlich gut aufgestellt zu sein. In den meisten Fällen reichen 10 bis 25 interessierte und passende Kontakte. Allerdings mit genau diesem kleinen, aber feinen Unterschied: 10 bis 25 gut zu dir passende Kontakte, also Personen, die dein kreatives Angebot auch wirklich brauchen.
Dementsprechend wäre meine Empfehlung, eine Akquisestrategie zu stricken, mit der du lieber wenige, aber dafür passende potenzielle Kund*innen regelmäßig kontaktierst. Allein das sorgt für eine effektivere und wirksamere Akquise und für schnellere Ergebnisse.
Zurück zu Julias Frage. Nach welcher Zeit sollte Ausdauer aufhören und wann sollte die Strategie angepasst werden? Wirksame Akquise ist immer eine Kombination aus verschiedenen Dingen: eine Kombination aus proaktiven Aktionen, die innerhalb eines Zeitrahmens stattfinden und aufeinander aufbauen und die sich auf dem Weg verändern dürfen, indem sie das, was du auf dem Weg gelernt hast, adaptieren.
Ein klassischer Fehler in der Akquise sind diese unregelmäßigen, sporadischen und als Einzelaktion geplanten Akquiseaktionen. Und liegt zu viel Zeit zwischen deinen Aktionen, verpufft deine Akquise – weil die Strategie verloren geht. Der Faden reißt ab. Es sind nur noch Einzelaktionen. Mehrere aufeinander aufbauende Aktionen erschaffen eine Welle, die auch zu sichtbaren Ergebnissen führt. Deshalb ist es sinnvoll, gerade wenn du erst beginnst, bewusst Akquise anzugehen, dir einen festen Zeitrahmen festzulegen und in diesem erst einmal zu machen – auch wenn keine Ergebnisse zustandekommen. Sichtbar zu werden braucht etwas Zeit.
Auf welche Zeiträume solltest du dich also einstellen, bis du Ergebnisse erwarten kannst? Umso langfristiger die Projekte sind, die du akquirieren möchtest, desto länger kann es auch dauern, erste Ergebnisse in deiner Akquise zu sehen. Hier zwei Beispiele für sehr verschiedene Zeitrahmen.
Du möchtest im Bereich Editorial Illustration Aufträge generieren. Magazine publizieren üblicherweise in recht kurzen Abständen neue Ausgaben, zweiwöchentlich oder einmal im Monat. Hier handelt es sich also um eine recht hohe Auftragsfrequenz, alles ist recht kurzlebig. Deshalb ist es leichter, in diesem Bereich auch schneller zu sichtbaren Ergebnissen zu kommen. Sechs Monate mit drei Portfolio-Zusendung inklusive Nachhaken und Feedback einarbeiten sind hier ein guter Rahmen.
Anders in der Buchillustration. Buchprojekte laufen oft über einen Zeitrahmen von mindestens einem Jahr. Projekte haben oft einen Vorlauf von mehreren Jahren. Deshalb sind auch hier längere Akquise-Zeitrahmen sinnvoll, zum Beispiel ein bis zwei Jahre. Allerdings gilt auch hier: Plane mindestens zwei Buchmessen mit ein. Kontaktiere vor der Messe und danach deine Kontaktperson und plane mindesten zwei weitere Akquise-Aktionen ein.
Vielleicht denkst du jetzt: Hmm, ja, bei meinen Märkten ist das anders. Stimmt. Jeder Markt hat eigene Regeln und Bedingungen. Kennst du diese, kannst du damit arbeiten und diese für dich nutzen. Deshalb: Wenn du dich hier unsicher fühlst, informiere dich über deine Märkte und lerne, wie die Dinge dort funktionieren. Dazu kannst du Kolleg*innen befragen, dich über Berufsverbände wie der IO und dem BDG informieren oder zu Netzwerk-Treffen deiner Branche gehen. Hier ein Geheimtipp: in der Portfolio-Akademie, meinem Onlineprogramm für Illustrierende und Designer*innen, gibt es eine ganze Lektion dazu.
Die eben genannten Beispiele zeigen aber eben auch auf, dass die reine Zeit hier als einziges Bewertungskriterium nicht ausreicht. Denn ich habe ja gesagt: »Ein Jahr mit ...!« Wirksame Akquise entsteht erst durch das Zusammenspiel von Zeit, Konsistenz, Strategieanpassung und Mehrwert.
Deine Akquiseaktionen sollten regelmäßig stattfinden. Erst durch Konsistenz entsteht Sichtbarkeit. Aber es ist eben nicht nur das konsistente Immer-wieder-aktiv-werden, sondern auch die konsistente Adaption, die schlussendlich zu Ergebnissen führt. Analysiere deine Strategie nach jedem gegangenen Schritt und passe sie ggf. an. Dazu dienen dir Tools, wie das Dokumentieren deiner Akquise und das Nachhaken.
Nachhaken bedeutet, zum Beispiel zwei Wochen später noch einmal nachzufragen und um Feedback zu bitten, wenn du ein PDF-Portfolio versendet hast. Indem du regelmäßig auch Nachhakst, lernst du auf dem Weg deine Auftraggeber*innen deutlich besser kennen und weißt bald so viel besser, was sie brauchen.
Durch das Nachfragen schaffst du dir den Raum, dein Portfolio mit jedem Schritt zu verbessern und zu optimieren. So kannst du dein Portfolio Schritt für Schritt an die aktuellen Bedarfe deiner Kund*innen anpassen.
Und es gibt noch einen zweiten guten Grund: Indem du das Gespräch suchst, nutzt du die Akquise auch zum Beziehungsaufbau. Kund*innen sind auch nur Menschen und diese arbeiten gern mit echten Menschen zusammen. Durch das persönliche Gespräch wirst du sichtbarer, erfahrbarer und auch berechenbarer.
Deshalb bietet es sich an, persönlich nachzufragen, indem du zum Beispiel anrufst oder das persönliche Gespräch suchst. Umso persönlicher und sichtbarer du als Person wirst, desto wahrscheinlicher ist es, dass du wertvolles und ehrliches Feedback bekommst.
Nachhaken ist sicherlich nicht jedes Mal möglich, aber du solltest es dir zur Routine machen, zumindest das Gespräch zu suchen. Auch wenn nur jedes dritte oder vierte Mal ein Gespräch zustande kommt, sammelst du so über die Zeit Wissen und kannst damit deine Strategie anpassen.
Formuliere beim Nachhaken deine Frage so, dass klar ist, dass du dich für die Bedarfe und Bedürfnisse deines Gegenübers interessierst und dass du sie mit deiner Arbeit unterstützen möchtest. Mit dieser Perspektive werden Deine Kund*innen dir gerne erläutern, was sie von dir brauchen.
Und vielleicht stellt sich dann auch heraus, dass du die Wünsche und Bedürfnisse deines Gegenübers vollkommen falsch eingeschätzt hast. Das ist ok. Das einzige, was hier notwendig ist, ist Adaption: entweder findest du besser zu dir passende Kund*innen oder du passt dein Portfolio an. Meiner Erfahrung nach fehlen oft formale Dinge im Portfolio, die man leicht ergänzen kann, ohne dass du dich verbiegen oder neu erfinden musst.
Es kann allerdings auch sein, dass sich an dieser Stelle Leerstellen in deinem Portfolio auftun, die etwas mehr Zeit und Aufmerksamkeit benötigen. Sollte sich hier zeigen, dass deine technischen und handwerklichen Fähigkeiten noch nicht auf dem Stand sind, die du für diese Art von Auftrag brauchst, dann hast du jetzt die Möglichkeit, daran zu arbeiten. Auch das ist Adaption.
Hier entscheidest du, wie wichtig dir das von dir formulierte Ziel ist. Bist du bereit, in dein Handwerk und deine technischen Fähigkeiten zu investieren, um genau auf diesem Markt zu arbeiten? Wenn ja, verbessere dein Handwerk. Trainiere – jeden – Tag. Wenn deine Antwort nein lautet, dann suche nach Auftraggeber*innen, deren Bedarfe und Bedürfnisse du mit deinem aktuellen Portfolio gut abdecken kannst?
Und ich möchte hier noch einmal unterstreichen: Es ist vollkommen ok, hier auch mal die Richtung zu ändern. Und das Akquiseproblem als Chance zu nutzen, um zu überprüfen, was du willst.
Manchmal haben wir ein Ziel im Kopf, das gar nicht wirklich das Unsere ist. Als ich mich als Illustratorin selbstständig gemacht habe, wollte ich unbedingt Kinderbücher machen. Und ich hab mich bei Kinderbuchverlagen vorgestellt. Und Absagen eingesammelt. Irgendwann ist mir dann aufgefallen, dass ich im Jugendbuchbereich sehr viel besser aufgehoben bin und mich dort auch viel wohler fühle. Die Themen interessieren mich mehr und ich fühle mich mit den Protagonist*innen der Jugendbuch-Geschichten mehr verbunden. Und wenn ich ganz ehrlich bin, hab ich mich zu Beginn hautsächlich bei den Kinderbuchverlagen vorgestellt, weil das alle meine Komiliton*innen auch gemacht haben. Zu Beginn habe ich das gemacht, was alle um mich herum gemacht haben und es hat einfach etwas Zeit gebraucht, in der ich den Markt mit seinen verschiedenen Nischen kennengelernt habe. Mit diesem Wissen konnte ich dann bessere Entscheidung für mich treffen – und meine Akquise war auf einmal erfolgreich.
Deshalb: Wenn du nach ein paar Monaten keine Ergebnisse mit deiner Akquise erreichen konntest, obwohl du konstistent warst und adaptierst hast, ist ein guter Moment gekommen, um mal kurz zurückzutreten und noch einmal zu überprüfen: Warum mache ich auf diesem Markt Akquise? Will ich das überhaupt? Passt das überhaupt zu mir?
Denn manchmal ist es wirklich die falsche Fährte.
Und zu guter Letzt sollte deine Akquise einen Mehrwert für deine Kontakte erzeugen. Mit deiner Akquise sprichst du ein Angebot aus – und du bietest eine Lösung an. Kennst du dein Angebot, ist es leicht, mit deiner Akquise aufzeigen, dass du das Problem deines Gegenübers verstanden und eine passende Lösung parat hast.
Wenn du dir hier noch gar nicht sicher bist, was dein Angebot eigentlich ist, dann hab ich was für dich. Finde heraus, was du als kreative*r Unternehmer*in gut kannst und welche Kund*innen das brauchen. Das Workbook »Dein kreatives Angebot« unterstützt dich, ein konkretes Angebot zu formulieren und dafür passende Zielgruppen zu identifizieren.
Du kannst es dir für 0,00 Euro herunterladen, auf der Seite www.diegutemappe.de/angebot
Lass uns also noch einmal alles kurz in zwei Sätzen zusammenfassen. Akquise ist ein Prozess, in dem du deinen Markt kennenlernst und dein neu gewonnenes Wissen sofort wieder anwendest. Erst über das Zusammenspiel von Zeit, Konsistenz, Strategieanpassung und Mehrwert wird deine Akquisestrategie ein mächtiges Werkzeug zur Auftragsgenerierung. Strategieanpassung kann eben auch bedeuten, einen neuen Weg einzuschlagen. Erlaube dir, sowohl deine Märkte als auch dich selbst dabei besser kennenzulernen.
Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören uns nächste Woche, bis dahin, Franziska
Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?
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Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska