Auch heute möchte ich wieder eine Frage teilen, die mich vor ein paar Wochen erreicht hat. Von Katharina:
Liebe Franziska,
ich bin gerade dabei, mich neu zu positionieren. Dabei habe ich festgestellt, dass ich sehr gern ein zweites Standbein hätte. Aktuell arbeite ich nur in einem Marktsegment. Wie funktioniert das, wenn ich von einem Markt auf einen anderen Markt wechseln möchte?Was gilt es zu beachten und wie viel Zeit sollte ich einplanen?
Vielen Dank und liebe Grüße,
Katharina
Es gibt sicherlich viele gute Gründe, dir einen neuen Markt zu erschließen. Ich habe hier einmal verschiedene Situationen gesammelt, in denen die Ausbildung eines weiteren Standbeins eine gute Lösung ist.
Du bist frustriert mit deiner aktuellen wirtschaftlichen Situation und möchtest deine Stundensätze oder deinen Jahresumsatz deutlich anheben? Dann gilt es, einen Markt zu finden, auf dem deine kreative Arbeit wirtschaftlichen viel Mehrwert erzeugt und gleichzeitig auch gut bezahlt wird. In der Kreativwirtschaft unterscheiden sich die wirtschaftlichen Bedingungen der verschiedenen Märkte stark voneinander. In bestimmten Branchen ist es leicht, hohe Honorare zu erzielen, während es in anderen Branchen immer schwerer wird, überhaupt kontinuierlich Aufträge zu generieren. Deshalb kann es wirtschaftlich einen großen Unterschied machen, auf welchen Märkten du dich positionierst.
Anstatt über Monate an einem Projekt zu arbeiten, möchtest du lieber tageweise gebucht werden? Dabei unterstützt dich ein Marktwechsel. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass du dein Standbein im Bereich Buchmarkt aufgibst und dich auf Eventzeichnen fokussierst. Oder du hast keine Lust mehr, Dutzende von Ansprechpartner*innen im Auftrag in einem Boot mitzunehmen und möchtest du lieber mit nur wenigen Personen während des Auftrages kommunizieren? Dann kann es sinnvoll sein, Corporate Design-Aufträge anstatt für große Unternehmen für regionale, inhaber*innengeführte Gewerbe anzubieten.
Auf einigen Märkten tummeln sich Hunderte oder gar Tausende von Mitbewerber*innen, während auf anderen Märkten deine potenziellen Kund*innen schon auf dich warten. Hier kann es in bestimmten Branchen empfehlenswert sein, anstatt den ganzen deutschsprachigen Raum zu bespielen, dich lieber auf deine bestimmte Region zu fokussieren. Vielleicht bist du hier noch die einzige Kreative, die diese bestimmte kreative Dienstleistung anbietet. Oder es gibt nur eine Handvoll weniger anderer Kolleg*innen.
Auch mit diesem Vorsatz kann dir ein Marktwechsel helfen, wenn du dir einen neuen Markt erschließt, der deutlich besser zu dir und deinen Fähigkeiten passt.
Die Ratten verlassen das Schiff? Kann sein. Die kreativen Märkte verändern sich. Durch die Digitalisierung kommt es in vielen Branchen zu einem Strukturwandel. Aufgaben werden automatisiert oder über Apps, Vorlagen und Stock ersetzt. Honorare werden immer kleiner und die Konkurrenz immer größer – weil die Anzahl an Aufträgen sinkt.
Wenn du dich in dieser düsteren Beschreibung wiederfindest, dann ist das zwar nicht schön, aber ich möchte dich bestärken, das Ruder wieder in die Hand zu nehmen und dir neue Märkte zu erschließen. Ja, einige Märkte verändern sich – und zwar nicht unbedingt zum Guten. Deshalb kann es sinnvoll sein, sich über neue Standbeine Gedanken zu machen.
Indem du verschiedene Standbeine hast, bist du automatisch unabhängiger. Mehrere Standbeine bringen oftmals auch eine größere finanzielle Freiheit mit. Denn du musst nicht mehr jeden Auftrag annehmen – weil du noch ein oder mehrere Asse im Ärmel hast: deine anderen Standbeine.
Vielleicht sagst du ja jetzt: Ok, Franziska. Ich bin überzeugt. Doch wie mache ich das? Ich habe beschlossen, dass ich auf einem anderen Markt arbeiten möchte. Doch wie geht das? Wie finde ich meinen Weg von einem Markt zu einem für mich interessanteren und passenderen Markt?
Sehr gute Frage. Ich habe dir hier eine Schritt-für-Schritt-Anleitung mitgebracht. Lass uns gleich mal mit Schritt 1 beginnen.
Plane deinen Umzug auf einen neuen Markt und kalkuliere auch eine Übergangsphase mit ein. Es ist sicherlich nicht empfehlenswert, deine schon bestehenden Standbeine von Heute auf Morgen in die Tonne zu werfen. Nutze sie lieber als Sprungbrett, um deine neuen Standbeine wachsen zu lassen, damit sie in naher Zukunft deine Haupt-Einnahmequellen werden können.
Um deinen Weg zu finden, musst du dein Ziel kennen. Und zwar so gut wie möglich. Es ist ein bisschen so, wie wenn du deinen Koffer für den Sommerurlaub packst. Da schaust du dir auch die Wetterprognosen an, um zu entscheiden, ob du die Badesachen einpackst oder lieber die Regenjacke. Und du recherchierst auch, ob du einen Adapter für das Ladegerät deines Telefons benötigst. Genauso ist es, wenn du dir einen neuen Markt erschließen möchtest. Du musst die Gegebenheiten und Regeln des Marktes kennen, um mit ihnen arbeiten und sie für dich nutzen zu können.
Wie geht das? Recherchiere. Frage Kolleg*innen, die schon auf diesem Markt arbeiten. Informiere dich in Berufsverbänden. Gehe zu Netzwerktreffen. Fahre zu den Branchentreffen, um den Markt, Kolleg*innen und Auftraggeber*innen kennenzulernen. Studiere deine neuen potenziellen Kund*innen, um eine Idee davon zu bekommen, was für Bedürfnisse und Bedarfe sie haben und was du in deinem Portfolio zeigen solltest, um diese Bedarfe abzubilden.
Frage dich auch, ob du alle Kompetenzen besitzt, die du für diesen Markt benötigst. Und wenn nicht, eigne sie dir an. Taucht an dieser Stelle in deinem Kopf der Satz auf: »Hier muss ich noch ganz viel lernen und kann deshalb noch nicht anfangen«, gilt es diesen mit Vorsicht zu überprüfen.
Aus Erfahrung weiß ich, dass viele Kreative sehr hohe Ansprüche an sich selbst haben und sich hier oft weniger zutuen als sie können. Trotzdem gilt es natürlich, ehrlich zu sein. Denn am Ende ist es kein Weltuntergang, wenn dir noch Kompetenzen fehlen. Dann ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, dir diese anzueignen.
Nachdem du deinen neuen Markt kennengelernt hast, gilt es, eine Akquisestrategie für diesen zu entwickeln. Hier empfiehlt es sich, deine alten Märkte nicht sofort fallen zu lassen wie heiße Kartoffeln, sondern eine Zeit lang alle Märkte parallel zu bespielen. Denn es wird eine Weile dauern, bis du auf deinem neuen Markt ankommst. Neu-Akquise dauert gern einmal mehrere Monate. Deshalb lass dich nicht entmutigen und gehe mutig deinen neuen Weg.
Das, was du jetzt noch brauchst, sind neue Kontakte. Konkrete Kontakte. Meistens reichen für die ersten Schritte schon eine Handvoll davon. Sagen wir mal fünf. Oder auch nur drei. Sobald du beginnst, auf dem neuen Markt aktiv Akquise zu machen, wird deine Kontakt-Datenbank schnell weiter wachsen.
Und woher nimmst du die? Recherchiere mögliche potenzielle Auftraggeber*innen und wer dort die für deinen Bereich verantwortliche Person ist. Bestenfalls sammelst du echte Kontakte, also anstatt einer Sammeladresse eine Person.
Und dann gilt es, dein Portfolio und deine Akquiseaktionen zu erstellen. Hier musst du dich oftmals gar nicht neu erfinden. Sehr oft ist es möglich, schon vorhandene Arbeiten so umzubauen, dass du sie für ein Portfolio für den neuen Markt nutzen kannst. Deshalb: Mach keine Tabula rasa, sondern nutze das, was du schon hast. Alternativ kann es sinnvoll sein, freie Arbeiten für eine typische Aufgabenstellung dieses Marktes zu erstellen.
Oftmals gibt es eine Innitialzündung – diesen ersten Auftrag auf dem neuen Markt, der viele weitere Türen öffnet. Einerseits weil du damit auf einmal auch eine Referenz im Portfolio nachweisen kannst. Und auch, weil damit dein erster Netzwerk-Kontakt da ist und mit diesem viele neue Kontakte nur einen Steinwurf entfernt sind. Ist das noch nicht geschehen, versende dein neues Portfolio an deine drei recherchierten Kontakte. Umso besser du diese verstehst, mit ihren Bedürfnissen und Bedarfen, desto besser werden sie dein Angebot verstehen und finden.
Trau dich auch, um Hilfe zu bitten. Frag Freund*innen und Bekannte, ob sie dir einen Kontakt vermitteln können und ob sie eine Idee haben, wo du dich mit deinem neuen Angebot vorstellen kannst. Über sechs Kontakte kennen wir ja angeblich alle Menschen auf der Welt (ganz gemäß des Kleine-Welt-Experiment vom US-amerikanischen Psychologen Stanley Milgram aus dem Jahr 1967). Deshalb trau dich ruhig mal, deine Fühler auszustrecken.
Zusammenfassung
Hier noch einmal alles zusammengefasst:
- Schritt #1: Plane Zeit dafür ein
- Schritt #2: Lerne deinen neuen Markt kennen
- Schritt #3: Strick dir eine Strategie
- Schritt #4: Nutze das, was schon da ist
- Schritt #5: Und dann geht’s los!
Deshalb jetzt die Frage an dich. Brauchst du ein neues Standbein? Wo willst du hin? In einem Jahr und in fünf Jahren? Auf welchen Märkten arbeitest du dann?
Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören uns nächste Woche, bis dahin, Franziska
Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?
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Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska