30. Juni 2022

Gewerbe UND Freiberuflichkeit: Geht das?


 
Der Podcast und Blogartikel wurden am 30.6.2022 aktualsiert. Hier kannst du gleich zur Aktualisierung springen.
 
Letzte Woche hat mich eine Frage erreicht, die ich gern heute zum Podcast-Thema machen möchte.
 

Liebe Franziska,
Heute wende ich mich an dich mit einem bestimmten Thema, das mich – zum Ende meines Studiums – aktuell ganz besonders beschäftigt und verunsichert. Neben dem Studium habe ich bereits freiberuflich gearbeitet und verdiene als Kleinunternehmerin ein bisschen was dazu. Nun habe ich auch den Verkauf von Postkarten für mich entdeckt und schon einige an Läden abgegeben und verkauft. Mit Schrecken habe ich erst jetzt festgestellt, dass das eigentlich eine gewerbliche Tätigkeit ist …

Nun meine drängendsten Fragen:
1. Habe ich verbotenerweise auf freiberufliche Rechnung gewerblich Geld eingenommen? (Es sind über drei Monate hinweg ca. 500€)
2. Sollte ich im Hinblick auf eine Versicherung bei der KSK schnell damit aufhören?
3. Inwiefern kann ich neben einer freiberuflichen Tätigkeit überhaupt ein »passives Einkommen« erzielen, meine Illus weiter vermarkten und drucken … es kommt mir gerade alles verboten vor, was über künstlerische Kleinauflagen oder die Veräußerung von Nutzungsrechten hinausgeht.

Könntest du hier Licht ins Dunkel bringen?
Vielen lieben Dank im Voraus und sonnige Grüße
von Lena

 
Ganz lieben Dank für deine Frage, liebe Lena. Und ja – wenn Kreative eigene Produkte verkaufen, steht schnell die Frage im Raum, ob das jetzt noch zur Freiberuflichkeit gehört oder schon Gewerbe ist. Und ob die gewerblichen Aktivitäten ein Problem darstellen.
 

Eins vorab ...

Disclaimer Ich bin keine Steuerberater*in und teile hier nur meine eigenen Erfahrungen bzw. Recherchen, die ich mit besten Wissen und Gewissen durchgeführt habe. Der Podcast kann eine rechtssichere Beratung nicht ersetzen. Deshalb hafte ich nicht für die hier geäußerten Inhalte. Damit du dich selbst weiter und gut informieren kannst, verlinke ich dir meine Recherche-Quellen in den Shownotes. Die gesammelten Infos spiegeln den Stand zur Veröffentlichung (Sommer 2022) wider.

Weiterer Disclaimer: Ich beziehe mich hier auf das deutsche Steuerrecht, das zu großen Teilen auch übertragbar ist auf das Steuerrecht in anderen europäischen Ländern. Aber eben nur zu Teilen. Wenn du in einem anderen europäischen Land lebst, dann überprüfe die mit den hier gehörten Infos, wie die Sachlage bei dir genau ist. In Finnland, meinem Zuhause, gibt es zum Beispiel keine Unterscheidung zwischen Gewerbe und Freiberuflichkeit. Damit stellt sich diese Frage zu Freiberuflichkeit und Gewerbe in Finnland erst gar nicht.
 

Das Thema ist eine große Grauzone

Und auch noch diese Ergänzung: Je nachdem, mit wem man über die Thematik Gewerbe vs. Freiberuflichkeit spricht, bekommt man ganz unterschiedliche Informationen. Schon zwei Steuerberater*innen können da unterschiedlicher Meinung sein.

Das liegt daran, dass die gleichzeitige und parallele freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit nur teilweise gesetzlich geregelt ist. Den größten Teil der aktuellen Rechtsgrundlage bilden Präzedenzfälle. Einige Steuerberater*innen beziehen sich dabei auf Präzedenzfälle aus dem 1980er Jahren, andere auf jüngere Gerichtsurteile.

Das Problem mit Präzedenzfällen ist, dass diese keine verbindliche Gesetzesgrundlage sind, sondern Handlungsempfehlungen. Das bedeutet, dass ein Finanzamt auf Grundlage des Präzedenzfalles A entscheidet, ein anderes sich allerdings auf den Präzedenzfall B bezieht und ein drittes Finanzamt eine ganz eigenständige Entscheidung basierend auf der eigentlichen Gesetzesgrundlage fällt. In allen drei Fällen müsste man gegen das Finanzamt Einspruch einlegen und im schlimmsten Fall klagen, wenn man anderer Meinung ist.
 

Wann bist du Freiberufler*in in der Kreativwirtschaft?

Aber lass uns mal von vorn beginnen: Also. In Deutschland ist das so. Als kreative Unternehmer*in bist du auch Urheber*in. Damit hast du bestimmte steuerliche Vorteile, die ausschließlich Urheber*innen inne haben. Du darfst Nutzungsrechte für deine Werke einräumen und diese (in Deutschland) mit dem geminderten Mehrwertsteuersatz von 7% MWSt kalkulieren.

Wenn du eine kreativ-künstlerische Dienstleistung anbietest, hast du auch den Vorteil, dass du anstelle eines Gewerbes eine freiberufliche Tätigkeit ausübst. Mit der Freiberuflichkeit kommen weitere steuerliche Vorteile, zum Beispiel eine einfache Buchhaltung, eine einfache Einnahmeüberschussrechnung EÜR in der Einkommenssteuer-Erklärung.

Hier findest du einen Artikel, welche Berufe in Deutschland zu den freien Berufen gezählt werden.

Wann »musst« du in die KSK

Als in Deutschland hauptberufliche künstlerisch-tätige Freiberufler*in bist du gesetzlich verpflichtet, Mitglied in der Künstlersozialkasse, kurz KSK, zu werden.

Ganz kurze Einführung zur KSK. Über die KSK regelst du deine Krankenversicherung und bist rentenversichert und – das ist der Knaller – bekommst einen gesetzlichen Zuschuss zu diesen beiden Versicherungen. Ziel der KSK ist es, selbständige Künstler*innen und Publizist*innen einen ähnlichen Schutz in der gesetzlichen Sozialversicherung zu gewähren wie Arbeitnehmer*innen – um langfristig Altersarmut in kreativen Berufen zu minimieren.

Das bedeutet also, dass du als kreative-künstlerisch tätige Freiberufler*in relativ viele steuerrechtliche Vorteile genießt.
 

Du willst auch nebenbei was verkaufen?

Wenn du neben deiner Freiberuflichkeit auch serielle Produkte, also zum Beispiel Postkarten und digitale Drucke deiner Arbeiten, verkaufen willst, betreibst du neben deiner freiberuflichen Tätigkeit auch eine gewerbliche Tätigkeit.

Grundsätzlich gibt es vom Gesetz her erst einmal kein Problem damit. Eine Freiberuflichkeit UND ein Gewerbe gleichzeitig zu führen – das geht!

Damit beide Unternehmen steuerrechtlich klar voneinander getrennt sind, ist es in diesem Fall empfehlenswert, dein Gewerbe und deine Freiberuflichkeit parallel führen und beides ganz klar von einander abzugrenzen. Das bedeutet zum Beispiel eine parallele Buchführung, zwei sauber voneinander getrennte Geschäftskonten, getrennte Anlagevermögen in der Buchhaltung und auch eigene Geschäftspapiere.

Denn wenn du beides miteinander vermischst, zählen deine gesamten Einkünfte als Einkünfte aus deinem Gewerbebetrieb.
 

Meine Quellen

Grundsätzliches zu Freiberuflichkeit und Gewerbe auf selbststaendig.de
Grundsätzliches zu Freiberuflichkeit und Gewerbe auf arbeits-abc.de

 

Ab wann muss ich ein paralleles Gewerbe anmelden?

Vielleicht fragst du dich ja jetzt, ob es möglich ist, ab und an und nur ganz wenig innerhalb deiner Freiberuflichkeit gewerblich Produkte zu verkaufen, zum Beispiel einmal im Jahr Postkarten zur Ausstellungseröffnung. Ja, dafür gibt es Gerichtsentscheidungen, die eine Grenze festlegen.

Bei einem Gesamtumsatz von unter 24.500 Euro und gewerblichen Einnahmen von bis zu 3% des Gesamt-Netto-Umsatzes können gewerbliche Einnahmen auch über die Freiberuflichkeit geregelt werden, ohne dass du parallel dein Gewerbe beim Finanzamt anmelden musst.

Das klingt wenig – und ist es auch. Da kommt man schnell mal drüber.

Kommst du auf einen Gewerbe-Anteil von über 3% des Gesamt-Netto-Umsatzes im Jahr, ist es dringend angeraten, parallel zu deiner Freiberuflichkeit ein Gewerbe anzumelden.
 

Kontamination vermeiden!

Wie gesagt. Parallel zwei Unternehmen zu führen ist grundsätzlich kein Problem, diese sollten allerdings ganz klar getrennt geführt werden.

Eine klare Trennung von Gewerbe und Freiberuflichkeit beschützt dich vor einer sogenannten Kontamination der Freiberuflichkeit durch das Gewerbe.
 

Was passiert bei Kontamination deiner Freiberuflichkeit?

Kommt es zu einer Kontamination der Freiberuflichkeit durch gewerbliche Tätigkeit kann das Finanzamt unter Umständen deine Freiberuflichkeit rückwirkend für maximal 10 Jahre in Gewerbe umklassifizieren.

Das wiederum kann dazu führen, dass du rückwirkend Gewerbesteuer und ggf. auch nicht eingenommene Mehrwertsteuer (19 statt 7%) nachzahlen musst.

Auch wirst du als gewerbetreibende Person auf einmal verpflichtet, Mitglied in der IHK zu werden, was auch zu rückwirkend fälligen Mitgliedsbeiträgen führen kann.

Problematisch ist bei gleichzeitiger Freiberuflichkeit und Gewerbe also vor allem das Risiko der rückwirkenden Umqualifizierung und die damit einhergehende rückwirkende Besteuerung. Auf gut Deutsch heißt das, dass so eine Umqualifizierung zu einer hohen finanziellen Belastung durch Nachzahlungen führen kann.
 

Wäge dein Risiko ab!

Dementsprechend wird dein Risiko größer, umso mehr Einnahmen du mit deinem Gewerbe und/oder deiner Freiberuflichkeit erzielst.

Meine Steuerberaterin hat das vor ein paar Jahren bei meiner Nachfrage so bewertet: »Es kann durchaus sein, dass das Finanzamt auch bei Trennung der Einnahmen und Ausgaben in die freiberufliche Tätigkeit und die gewerbliche Tätigkeit trotz allem alles zusammen als Gewerbebetrieb klassifiziert – was allerdings nur dann Auswirkungen für die Einkommensteuer hat, wenn Sie die Gesamteinnahmen von 24.500,00 Euro überschreiten.«

Bei Gesamteinnahmen von über 24.500,00 Euro fällt in Deutschland nämlich noch Gewerbesteuer an, die dann neben der Einkommenssteuer gezahlt werden muss. Das gilt übrigens auch, wenn du deine Freiberuflichkeit und dein Gewerbe parallel führst.

Beim Finanzamt gibt es zu solchen Fällen keine gesetzliche Regelung, sondern nur Präzedenzfälle, also Gerichtsurteile, die den Steuerbeamt*innen als Orientierung dienen und die im Einzelfall angewendet werden. Diese haben keine gesetzliche Verbindlichkeit.
 

Zwei wichtige Gerichtsurteile

Ich möchte dir hier zwei Präzedenzfälle vorstellen, die aufzeigen, was passieren kann, wenn deine Freiberuflichkeit vom Finanzamt als kontaminiert definiert wird. In den verlinkten Artikeln findest du noch mehr detaillierte Informationen dazu.

 

Verfahren VIII R 16/11

Einmal hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Verfahren VIII R 16/11 die Umwandlung von der künstlerischen Tätigkeit einer GbR in gewerbliche Einkünfte verneint, weil die gewerblichen Umsätze weniger als 3 Prozent der Gesamtnettoumsätze betrugen und unterhalb von 24.500 Euro lagen.

In diesem Verfahren aus dem Jahr 2015 ging es um eine Gesangsgruppe. Diese hatte im Streitjahr in der Gewinnermittlung gemäß des Einkommenssteuergesetzes (EStG) (Netto-)Erlöse in Höhe von circa 216.000 EUR für ihre freiberufliche Tätigkeit und (Netto-)Erlöse in Höhe von 5.000 EUR für den Verkauf von von Merchandising-Artikeln (T-Shirts, Aufkleber, Kalender und CDs).

Hier wurde also entschieden, dass die 5.000€ Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit weniger als 3 Prozent des Gesamtnettoumsatzes beträgt und somit keine Kontamination der Freiberuflichkeit vorliegt.
 

Verfahren VIII R 41/11

In einem zweiten Verfahren, dem Verfahren VIII R 41/11, hat der BFH dagegen die Umqualifizierung von freiberuflichen Einkünften einer GbR in gewerbliche Einkünfte bejaht, weil die von der GbR erzielten gewerblichen Umsätze über der Grenze von 3 Prozent der Gesamtnettoumsätze überschritten hatten.

Hier hatte eine Werbeagentur im Jahr 2007 circa 250.000€ und im Jahr 2008 circa 170.000€ Nettoumsatzerlös eingenommen. Innerhalb dieser Einnahmen hatte die Agentur Provisionszahlungen von Druckereien für die Vermittlung von Druckaufträgen in Höhe von 10.840 EUR (2007) und 8.237 EUR (2008) erhalten.

Weil diese gewerblichen Einnahmen über den 3 Prozent der Gesamtnettoumsätze lagen, hatte das Finanzamt die Einkünfte der GbR in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte zur Besteuerung zugrunde gelegt.

Das hat wiederum bedeutet, dass nachträglich Gewerbesteuer und noch nicht gezahlte Mehrwertsteuer-Nachzahlungen für die Werbeagentur fällig wurden.
 

Meine Quellen

Das Verfahren VIII R 16/11
Das Verfahren VIII R 41/11
Auf stb-web.de kannst du mehr erfahren, was die Gerichtsurteile in der Praxis bedeuten.
Auf www.gulp.de findest du weitere Erläuterungen zu diesen BFH-Urteilen.

 

Umso höher deine Einnahmen, desto größer dein Risiko!

Diese mögliche rückwirkende Umqualifizierung wird problematischer, umso mehr Geld du mit deiner kreativen Tätigkeit erwirtschaftest. Beginnst du gerade und nimmst nur 500€ pro Jahr über den Verkauf von Postkarten ein, so ist das in den meisten Fällen erst einmal gar kein Problem – insbesondere, wenn du deine Freiberuflichkeit und dein Gewerbe ganz klar trennst.
 

Zwei weitere Dinge, die es zu bedenken gilt

 

In der Praxis nicht wirklich trennbar

Es gibt allerdings auch noch ein grundsätzliches Problem bei der Trennung von Gewerbe und Freiberuflichkeit und kreativer Arbeit. Bist du Designer*in oder/und Illustrator*in und hast gleichzeitig ein Gewerbe, dann nutzt du deine kreativen Werke gleichzeitig als Freiberufler*in und als gewerbetreibende Verwerter*in.

Recht schnell kommt es allein schon durch z.B. gemeinsam genutzte Arbeitsgeräte zu einer Verflechtung der Einnahmen.
Zitat meiner Steuerberater*in: »In Ihrem Fall besteht jedoch das Problem, dass eine Verflechtung der Einnahmen vorliegt (da Sie Siebdrucke verkaufen wollen, die Sie in Ihrer Freiberuflichkeit erstellt haben), sodass es durchaus dazu kommen kann, dass das Finanzamt Ihre Freiberuflichkeit und Ihre gewerblichen Tätigkeiten als ein Unternehmen zusammenfasst. Egal ob mit oder ohne Gewerbeschein – also egal ob mit oder ohne klarer Trennung.«

Es ist deshalb empfehlenswert, Auftragsarbeiten, die du in der Freiberuflichkeit erstellt hast, nicht in deinem Gewerbe zweitzuverwerten, sondern extra Arbeiten dafür zu erstellen. Ansonsten liegt ja vom Prinzip per se eine Vermischung vor.
 

Praxis-Beispiel: Website

Auch bei der Website zeigt sich in der Praxis oft, dass eine Trennung von Gewerbe und Freiberuflichkeit nicht wirklich möglich ist. Denn platzierst du deinen Onlineshop auf der gleichen Website wie dein Web-Portfolio für deine kreativen Dienstleistungen, dann liegt eine Vermischung vor.

Aus der Marketingperspektive ist es allerdings total sinnvoll, deinen Webshop und dein Web-Portfolio zu verbinden, denn natürlich entstehen hier oft Synergie-Effekte.

Auch müsstest du, um deine Freiberuflichkeit und dein Gewerbe ganz klar zu trennen, eigentlich zwei Hosting-Pakete, zwei URLs und zwei separate Websites haben. Nutzt du in einem Hosting-Paket zwei separate Websites, hast du diese zwar visuell voneinander getrennt, kannst allerdings die Kosten in der Buchhaltung nicht trennen.

Und einige Steuer-Expert*innen sind sogar der Meinung, dass bei Solo-Freiberufler*innen, die sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, automatisch eine Vermischung entsteht, weil du ja ein und dieselbe Person bist und in beiden deine künstlerischen Werke benutzt und damit du selbst als Person den Zusammenhang zwischen beiden Tätigkeiten herstellst.

 

Und dann gibt es ja noch die KSK

Viele Kreative, die parallel zu ihrer Freiberuflichkeit auch gewerblich tätig sind, fragen sich auch, wie das mit der Künstlersozialkasse funktioniert. Die KSK scheint hier deutlich mehr Kulanz walten zu lassen. Trotzdem gibt es ein paar Regelungen, die du hier kennen solltest.

Um Mitglied in der KSK zu werden, musst du nachweisen, dass deine Haupttätigkeit im künstlerischen Bereich liegt.

»Nach § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist Voraussetzung für die Versicherungspflicht, dass eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausgeübt wird.«

Erwerbsmäßig bedeutet hier, dass deine künstlerische Tätigkeit so angelegt ist, dass du damit auf Dauer Einnahmen erzielst. Um in der KSK versichert zu sein, müssen diese Einnahmen über einer gesetzlich festgelegten Grenze liegen, die aktuell bei 3.900,00 EURO im Jahr bzw. 325,00 EURO im Monat liegt. Liegst du da drüber, bist du berechtigt bzw. eigentlich sogar gesetzlich verpflichtet, Mitglied in der KSK zu werden.
 

Hast du weitere nicht-künstlerische Einnahmen?

Hast du allerdings zusätzlich zu deinen künstlerischen Einnahmen auch andere (also nicht künstlerische, sondern zum Beispiel gewerbliche) Einnahmen, gibt es dafür eine weitere Regel.

Liegen deine anderweitigen Einnahmen über der Geringfügigkeitgrenze von 450€ im Monat, dann verändert sich dein Versicherungsstatus in der KSK.

Bei einer KSK-Prüfung könnte es also passieren, dass deine gewerbliche Tätigkeit als nicht künstlerisch eingestuft wird und du über die KSK nur noch rentenversichert bist und du deine Krankenkasse-Beiträge direkt über deine Krankenkasse zahlen muss. Das bedeutet in der Praxis oft, dass du einen deutlich höheren Beitrag für deine Krankenversicherung zahlst.

Das gleiche gilt übrigens auch bei anderen NICHT kreativen freiberuflichen Tätigkeiten. Das bedeutet, wenn du anstatt Gewerbe eine andere freiberufliche Tätigkeit anbietest, zum Beispiel als Coach oder als Heilpraktiker*in, dann gilt auch hier die Geringfügigkeitsgrenze von 450€ pro Monat.

In der Praxis scheint die KSK hier oft recht kulant mit der Gewerbe-Frage umzugehen und auch steuerrechtlich gewerbliche Tätigkeiten scheint hier oftmals als künstlerische Tätigkeit zu gelten. Aber das ist natürlich nichts, worauf man sich verlassen kann.
 

Was passiert bei einer Prüfung?

Vielleicht fragst du dich, was bei einer Prüfung passiert, bei der herauskommt, dass du von der KSK umqualifiziert wirst? Solltest du hier einen Fehler machen und geprüft werden, kann die KSK ein Bußgeld bis zu 5.000€ aussprechen und ggf. kannst du deine KSK-Mitgliedschaft verlieren.
 

Für der KSK gibt es klare Regeln. Hier kannst du diese nachlesen:

Alle Infos zur KSK auf der KSK-Website
Was gilt als künstlerische Tätigkeit im Sinne der KSK?
Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG)
Mehr zur Geringfügigkeitsgrenze

 

Was ist sicher? Aktuelle Lösungsangebote

Vielleicht denkst du ja jetzt: »What the fuck – gibt’s da nicht doch einen sicheren Weg, meine Werke zu verkaufen?«

Und ja, es gibt eine sichere Lösung: das ausschließliche Verkaufen von Originalen. Damit sind Originale gemäß des deutschen Umsatzsteuergesetzes gemeint.

Denn – große Überraschung – im deutschen Umsatzsteuergesetz ist geregelt, was Kunst ist. Und Kunst darfst du als kreativ-künstlerisch tätige Freiberufler*in verkaufen – und zwar als Kunst mit 7% Mehrwertsteuer.
 

Kunst ist dementsprechen nach dem deutschen UStG:

Im UStG §12 Abs.2 Nr.1 in Verbindung mit Nr.53 der Anlage 2 zum UStG steht:

Kunstgegenstände sind:
a) Gemälde und Zeichnungen, vollständig mit der Hand
geschaffen, sowie Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke,
b) Originalstiche, -schnitte und -steindrucke,
c) Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst, aus Stoffen aller Art

In dieser Kunst-Definition sind Fotografie, Siebdruck, Video, Lichtkunst und digitale Drucke keine Kunst. Denn sie wurden nicht von Hand geschaffen. Problematisch sind also nach dem UStG serielle Kunstwerke, die zum Beispiel mit fotochemischen oder elektrofotografischen Drucksystemen oder Apparaten produziert wurden. Also zum Beispiel Siebdrucke. Oder Fotografie.

Das führt zu der absurden Situation, dass Siebdrucke gemäß des UStG keine Kunst sind, aber Linoldrucke eben schon. Denn bei Letzterem wurde der Druckstock ja von Hand geschnitten.
 

Gewerbliche Einkünfte als zweites Standbein

Lena hat ja gefragt, inwieweit Kreative neben der freiberuflichen Tätigkeit überhaupt ein »passives Einkommen« erzielen können, indem sie zum Beispiel Illustrationen weiter vermarkten und drucken? Sie hatte ja gesagt, dass es ihr alles verboten vorkommt, was über künstlerische Kleinstauflagen oder die Veräußerung von Nutzungsrechten hinausgeht.

Und ja, Lena, dein Eindruck täuscht dich nicht. Es ist allerdings nicht per se verboten. Nur ist die Idee, dass wir als kreative Unternehmer*innen auch unsere eigenen Werke verwerten und Produkte entwickeln und verkaufen, in der Gesetzgebung gerade noch nicht so richtig angekommen. Denn vor 20 Jahren ging das auch noch nicht. Wir haben heute als kreative Unternehmer*innen viel mehr Möglichkeiten, uns von den traditionellen Verwerter*innen zu emanzipieren und diese einfach zu überspringen. Wir brauchen marketing- und herstellungstechnisch heute keinen Verlag mehr, um Bücher zu publizieren. Auch können wir unsere selbst entwickelten Produkte einfach selbst an unsere Fangemeinde verkaufen, anstatt diese über ein drittes Unternehmen zu vertreiben und diesem Prozente vom Gewinn abzugeben.

Diese neuen Wege, die sich da für uns aufgetan haben, sind eigentlich ziemlich großartig. Denn sie erlauben uns, selbstbestimmter und unabhängiger selbst unternehmerisch tätig zu werden. Die Gesetzgebung muss nur etwas hinterherhechten. Das ist recht normal, denn die Mühlen der Gesetzgebung mahlen langsam.

Ich bin allerdings guter Hoffnung, dass sich hier in den nächsten Jahren einiges tun wird. Was hilft, ist neben der künstlerischen Kompetenz auch steuerrechtlich gut im Bilde zu sein, damit du selbstbestimmt mit den aktuellen Gegebenheiten proaktiv umgehen kannst. Und dabei soll dir dieser Artikel helfen.
 

Ganz auf die Freiberuflichkeit verzichten?

Aktualisierung am 30.6.2022
So wie es aussieht scheint es noch eine zweite sichere Lösung zu geben. Indem du auf die Vorteile der Freiberuflichkeit verzichtest und »einfach nur« ein Gewerbe anmeldest, unter dem du alle deine Tätigkeiten abwickelst, schützt du dich vor dem Risiko der Kontaminaton bzw. Umqualifizierung. Damit trägst du zwar auch den Mehraufwand, der mit dem Gewerbe einhergeht (doppelte Buchführung anstelle einer einfachen Einnahme-Überschussrechnung, ggf. Gewerbesteuer, IHK-Mitgliedschaft), brauchst aber keine Angst zu haben, dass du irgendwas vermischst.

Für die KSK ist die steuerliche Kategorisierung in Gewerbe oder Freiberuflichkeit wie oben schon erwähnt nicht relevant. Sie entscheidet lediglich, ob deine Tätigkeit künstlerisch oder publizistisch ist.
 

Gehst du das Risiko ein?

Trotzdem weiß ich natürlich auch, dass das alles ganz schön kompliziert ist. Deshalb lass uns das mal zusammenfassen in fünf knackige Stichpunkte.
 

#1: Kunst oder nicht Kunst?

Willst du eigene Produkte verkaufen, gilt es zuallererst herauszufinden, ob du Kunst gemäß des Umsatzsteuergesetzes verkaufst oder nicht. Wenn ja, ist alles deutlich einfacher, denn das gilt nicht als gewerbliche Tätigkeit.
 

#2: Steuerberatung dringend empfohlen!

Wenn du allerdings serielle Produkte verkaufen willst, ist es unbedingt empfehlenswert, dir eine kompetente Steuerexpert*in an die Seite holen. Eine Beratung, wie du für deinen individuellen Einzelfall deine verschiedenen Unternehmen aufstellst, ist hier essenziell. Nur so kannst du dein persönliches Risiko bewerten. Auch können dir die Steuerexpert*innen ggf. Einzelfall-Lösungen anbieten, wie du dein persönliches Risiko verringern kannst.
 

#3: Je geringer deine Einkünfte, desto niedriger ist dein Risiko!

Bei gleichzeitiger Führung von Gewerbe und Freiberuflichkeit das Risiko eher gering einzuschätzen, wenn sich deine gewerblichen Umsätzen im zwei- bis niedrigen dreistelligen Bereich bewegen. Steigen deine Gesamtumsätze jedoch, wird es umso dringender, dir Unterstützung zu holen und proaktiv mit der Thematik umzugehen.
 

#4: Trenne Gewerbe und Freiberuflichkeit so gut es geht!

Und wenn du nur eine Sache aus diesem Podcast mitnimmst, dann das: Betreibst du parallel eine freiberufliche und eine gewerbliche Tätigkeit, dann trenne die beiden so klar wie möglich voneinander ab. Das ist zwar keine Garantie, aber es ist das, was du aktuell aktiv tun kannst, um dich bei einer parallelen Freiberuflichkeit und einem Gewerbe bestmöglich abzusichern.
 

#5: Oder einfach nur Gewerbe?

Indem du ganz auf den Freiberufler*innen-Status verzichtest und den Mehraufwand eines Gewerbes trägst, schützt du dich vor dem Risiko einer nachträglichen Umqualifizierung.

 
So. Deshalb heute mal die Frage an dich. Hast du schon einmal serielle Produkte verkauft? Postkarten? Baumwollbeutel oder einen Siebdruck? Würdest du das gerne mehr machen? Wie geht’s dir jetzt damit? Teile deine Erfahrungen gern unter dem Podcast, hier direkt unter dem Blogartikel oder auf Instagram.

Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören uns nächste Woche, bis dahin, Franziska
 

Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?

Für den Verkauf von Büchern sind gute Bewertungen enorm wichtig. Wenn du mein Buch »Die gute Mappe« schon gelesen hast und es dir gefällt, hilfst du mir sehr mit einer Rezension auf Amazon und Co. Du kannst sogar eine Bewertung hinterlassen, wenn du das Buch in einem anderen Buchladen gekauft hast (was ich begrüße). Sharing is caring! Danke dafür! Und auch ein ❤️ und ein Danke an die, die schon eine Rezension geschrieben haben.

 
Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska

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