Aus der Reihe:
Dinge, die ich gern früher gewusst hätte
Kurze Randnotiz:
Vielleicht erinnerst du dich, dass ich dich vor ein paar Wochen eingeladen habe, deine Zeit zusammen mit mir zu analysieren. Heute würde ich dich gern fragen, was du für dich herausgefunden hast. Teile deine Erfahrungen gern in der Zeit-Analyse-Umfrage. Ich dank dir hiermit schon einmal ganz doll!Hier kannst du dir auch noch einmal das Freebie »Zeit« herunterladen.
Veränderung gehört zum Leben dazu. Und das gilt ganz besonders in der Kreativwirtschaft – die sich durch die Digitalisierung und den damit verbundenen Strukturwandel in den letzten 30 Jahren stark verändert hat und sich noch stärker verändern wird.
Ich hol jetzt mal weit aus … Als Designstudentin musste ich vor vielen Jahren eine Seminararbeit über das Verhältnis von Schrift und Bild schreiben. Bei Wolfgang Bock, einem ganz tollen Medienwissenschaftler, der damals an der Bauhaus-Universität unterrichtet hat und ein sehr kluges Buch geschrieben hat mit dem Titel: »Bild – Schrift – Cyberspace«. In dieser Seminararbeit habe ich mich mit Höhlenmalerei und Keilschrift beschäftigt, mit dem Bilderverbot im frühen Christentum, mit Hieroglyphen und mit der Emblematik der Renaissance und des Barocks.
Eine Geschichte, die ich damals in Wolfgang Bocks Buch gelesen habe, ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Denn sie hat damals schon einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen und mich nachdenklich gestimmt.
Auch früher wollten Menschen Selfies haben. Nur dass sie dafür noch kein Gerät, also kein eigenes Mobiltelefon, hatten, sondern zu einem Portraitmaler gehen mussten. Ich gendere das hier mal nicht, weil Portraitmalerei im 15. bis 18. Jahrhundert fast ausschließlich von Männern erledigt wurde. Du siehst, wir sind heute da schon ein wichtiges Stück weitergekommen auf unserem Weg.
Zurück zum Thema: Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren Malereien und Zeichnungen das Mittel der Wahl, um das Heute so detailgetreu wie möglich für Später aufzubewahren und abzubilden.
Die Menschen damals waren ziemlich genau wie wir heute – auch sie wollten das Heute festhalten in Bildern, zum Beispiel von sich selbst, und beauftragten dazu Menschen, die sie malten oder zeichneten. Portraitmaler war ein etablierter Beruf und viele Menschen hatten sich für diesen entschieden und bestritten damit ihren Lebensunterhalt.
Doch dann wurde die Fotografie erfunden. 1826 schoss Joseph Nicéphore Niépce die erste dauerhafte und lichtbeständige Fotografie. Er hielt den Blick aus seinem Arbeitszimmer fest und eröffnete damit die Ära der Fotografie.
Wenige Jahre nach diesem ersten Foto, in etwa ab 1840, wurden die ersten Fotoateliers eröffnet. Zeitgenöss*innen wie Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß ließen sich fotografieren. Das kann man auf eine sehr amüsante, wenn vielleicht auch nicht historisch vollkommen korrekte Weise nachlesen in einem meiner liebsten Romane, »Die Vermessung der Welt« von Daniel Kehlmann.
Lange Rede, kurzer Sinn: Mit der Erfindung der Fotografie ließen sich auf einmal alle fotografieren. Und … und das ist das, was mir bis heute im Kopf herumschwirrt … mit einem Schlag wurden Tausende von Portraitmalern arbeitslos.
Was hat das mit dir zu tun? Wenn du Illustrator*in bist oder Designer*in, dann wird dir vielleicht schon aufgefallen sein, dass über die letzten Jahre bestimmte Aufgaben unserer Berufe auf einmal anders ablaufen. Es gibt plötzlich Apps, die aus Fotografien Illustrationen machen oder die die Gestaltung eines Faltblattes übernehmen – ohne dass du mit deinen gestalterischen Kompetenzen noch dazu geholt werden musst.
Bestimmte Aufgaben von Illustrierenden und Designer*innen werden in ein paar Jahren ausschließlich von Algorithmen erledigt werden – so dass diese Aufgabenfelder für uns wirtschaftlich wegfallen. Wir werden nicht mehr dafür beauftragt.
Oder schau dir die neuen AI-Bildgeneratoren wie Dall E 2, Stable Diffusion oder Midjourney an. Diese übersetzen textbasierte Prompts mit einem Klick in Bilder. Ich verlinke dir hier mal ein Youtube-Video von Elvis Deane, einem kanadischen Comic Künstler, der mit Midjourney einen ganzen Comic kreiert hat.
Da tun sich ganz neue technologische Welten auf, die die Kreativwirtschaft verändern werden.
Mit Rückblick auf die Portraitmaler der Renaissance, die durch eine technische Erfindung in nur wenigen Jahren ihren Job verloren haben, tritt jetzt bei vielen Kreativen die Existenzangst auf die Bühne. Und ja, es gibt diese düsteren Zukunftsszenarien, die prognostizieren, dass in naher Zukunft viele kreative Berufe obsolet werden.
Ich glaube auch fest daran, dass sich unser Beruf verändern wird. Doch genauso glaube ich daran, dass es in den Berufsbildern Illustration und Design Aufgaben gibt, die nicht so leicht mit Technik zu ersetzen sind.
Deshalb halte ich es für eine wirklich gute Idee, sich dessen bewusst zu sein und diese nicht-ersetzbaren Aufgaben mehr in den Fokus unserer Arbeit zu rücken. Ich bin also optimistisch, dass die Zukunft der Kreativbranche gut wird. Ich bin mir aber genauso sicher, dass die Zukunft anders sein wird als jetzt.
Um mit Bildern Geschichten zu erzählen, die Menschen berühren, zum Beispiel mit Bilderbüchern, in Magazinartikeln und in Kampagnen, braucht es Menschen, die etwas zu erzählen haben. Die eine Meinung zu Dingen haben – und die diese auch über Bilder kommunizieren können.
Um die Welt so zu gestalten, dass das Design uns unterstützt, uns zu identifizieren, kooperativer zusammenzuarbeiten und gemeinsam an einem Strang zu ziehen – dazu braucht es Kreative mit Empathie, die Unternehmen auf ihrem Weg zur z.B. Corporate Identity beraten, begleiten und unterstützen.
Die Kreativbranche braucht Menschen mit einer Vision, Menschen mit einer Haltung – die sich selbst gut kennen und die wissen, was sie mit der Welt teilen wollen. Die neugierig bleiben und mutig sind, neue Wege zu gehen.
Dann können die technischen Erfindungen uns in unserer kreativen Arbeit unterstützen, anstatt uns zu ersetzen. Gleichzeitig bin ich mir auch sicher, dass es einen Gegentrend hin zum Handgemachten geben wird. Denn auch heute noch hängen sich Menschen ja gemalte Bilder an die Wand. Nur der Markt dafür wird kleiner und bestimmt auch elitärer sein – und auch hier wird der Mensch hinter den Bildern wichtiger sein – als das Bild selbst.
Unabhängig von diesen Marktveränderungen verspreche ich dir auch, dass deine persönlichen Ziele und Visionen sich mit der Zeit höchstwahrscheinlich verändern werden.
Wenn ich heute zurückschaue, womit ich im Jahr 2006 meine Zeit verbracht habe, dann stelle ich fest, dass sich meine Themen und Interessen verändert haben. Auch meine Vision, wie und wo ich leben will, ist heute eine andere als damals.
Wenn mir im Jahr 2006 jemand gesagt hätte, dass ich 15 Jahre später nach Finnland auswandern und mit der Portfolio-Akademie ein Onlineprogramm zur Visionsfindung und Positionierung in der Kreativwirtschaft ins Leben rufen würde, hätte ich das wahrscheinlich nicht geglaubt.
Vielleicht merkst du ja, dass du immer wieder an die gleichen Hürden stößt, dich mit ähnlichen Problemen herumärgerst und immer an der gleichen Stelle scheiterst. Damit bist du nicht allein. Wir alle haben unsere ganz individuellen Entwicklungsaufgaben.
Und oftmals wissen wir einfach nicht, warum gerade dieses eine Thema immer wieder Probleme macht. Im Rückblick ist es oft so viel einfacher, den übergeordneten roten Faden zu erkennen. Und im Rückblick erklärt sich oft auch, warum das Finden einer Lösung vielleicht auch mal länger gedauert hat, als uns lieb war.
Das Leben hält viele Überraschungen für dich bereit und diese werden deine Ziele und Wünsche beeinflussen. Das, was hier hilft, ist Vertrauen in deinen eigenen Weg und deine eigenen Fähigkeiten.
Deshalb jetzt mal die Frage an dich: Welche Farbe hat die Zukunft der Kreativwirtschaft, wenn du nach vorne schaust? Und wie glaubst du, werden sich unsere Berufe verändern? Und was tust du heute, um offen dafür zu sein? Teile deine Erfahrungen gern unter dem Podcast, hier direkt unter dem Blogartikel oder auf Instagram.
Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören und sehen uns wieder nächste Woche, bis dahin, Franziska
Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?
Für den Verkauf von Büchern sind gute Bewertungen enorm wichtig. Wenn du mein Buch »Die gute Mappe« schon gelesen hast und es dir gefällt, hilfst du mir sehr mit einer Rezension auf Amazon und Co. Du kannst sogar eine Bewertung hinterlassen, wenn du das Buch in einem anderen Buchladen gekauft hast (was ich begrüße). Sharing is caring! Danke dafür! Und auch ein ❤️ und ein Danke an die, die schon eine Rezension geschrieben haben.
Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska
Da kann ich Dir nur zustimmen 😉