Herzlich Willkommen zu dieser neuen Episode des Portfolio-Podcasts. In den letzten Wochen ging es hier oft um die wirtschaftliche Situation bestimmter Märkte. So hast du ja in der Folge #58 vom großartigen Patrick Wirbeleit erfahren, dass sich das Schreiben von Kinderbüchern wirtschaftlich recht schwierig darstellt. Und letzte Woche hat die ganz tolle Illustratorin Sabine Kranz in der Folge #60 erzählt, wie sie sich ihre Kinderbücher mit anderen wirtschaftlich stärkeren Standbeinen gegenfinanziert.
Die heutige Folge ist dazu da, dir Mut zu machen, dich wirtschaftlich selbstbewusst und selbstbestimmt aufzustellen. Und sie soll dir auch einen möglichen Weg aufzeigen.
Heute ist dazu Magdalena Vollmer zu Gast. Sie ist Graphic Recordering und Illustratorin für den Bereich Unternehmenskommunikation. Magdalena nimmt uns mit in die Welt des Graphic Recordings. Sie dröselt die verschiedenen Bereiche, in denen du dich auf dem großen Markt des Graphic Recordings spezialisieren kannst, auf. Wir sprechen auch über mögliche Honorarhöhen und Magdalena teilt ihre Akquise-Tipps und Tricks, erzählt von ihrem Weg zum eigenen Stil und teilt auch ihre Einschätzung, wie sich der Markt des Graphic Recordings durch KI-generierte Bilder verändern wird. Du siehst: das ist ein mit Wissen und Erfahrung geballtes Gespräch.
Und – ich nehme das hier schon einmal vorweg – das Ganze kommt mit einer Einaldung, noch mehr zu lernen über Graphic Recording – denn Magdalena geht seit einigen Wochen regelmäßig auf Instagram live und interviewt die alten Hasen des Graphic Recordings und teilt somit kostenlos und für alle, die sich dafür interessieren, wertvolles Branchenwissen – denn: ganz gemäß unseres alten Kreativ-Kollegen Johann Wolfgang von Goethe gilt ja: »Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum.« ... als Original-Weimar-Geborene muss ich ab und ab mal Goethe zitieren ... aber lange Rede kurzer Sinn: Die ganze Theorie hilft ja nur, wenn sie aus der Praxis des echten Lebens kommt. Und in den Live-Terminen von Magdalena kannst du jede Woche direkt an die alten Hasen deine Fragen stellen. Nächste Woche bin ich selbst zu Gast bei Magdalena auf Instagram. Aber mehr dazu später.
Erst einmal wünsch ich dir viel Spaß – und ganz viele Aha-Momente. Let’s go!
[Transkript des Interviews]
Magdalenas Website www.magdalenavollmer.de
Magdalenas Instagram-Profil: @raumstrategin- - -
Franziska:
Hallo! Hallo Magdalena, wie schön, dass du heute im Portfolio-Podcast bist.Magdalena:
Vielen Dank für die Einladung, Franziska.Franziska:
Ich freue mich, dass du heute da bist und ich bin total neugierig, weil wir sprechen ja heute über Graphic Recording und ich weiß einfach von den Hörer*innen, dass viele daran interessiert sind, aber viele überhaupt gar nicht so wirklich wissen, was man da eigentlich macht. Und wir sprechen heute darüber.Aber so als Einstieg würde ich dich total gern erst einmal fragen, wie du überhaupt Illustratorin geworden bist, weil: ich weiß von dir, dass du Szenografin bist.
Wie ist es denn passiert, dass du auf einmal, dass du sozusagen Szenografie studiert hast, aber am Ende dann doch Illustratorin geworden bist?
Magdalena:
Ja, super Frage. Danke. Illustratorin war ich, wie wahrscheinlich die meisten von uns, eigentlich schon immer. Also ich habe als Kind schon Malbücher gehabt mit. Meine Mutter hat mir immer so gebundene schöne Blanko-Bücher geschenkt und ich habe die voll gemalt ohne Ende. Ich habe auch selber kleine Bilderbücher schon geschrieben in der zweiten Klasse und keine Ahnung. Das Standard-Geschenk zum Geburtstag waren immer Stifte.Also ich war von Anfang an so gesehen Illustratorin, jedoch nicht studierte. Und bin dann im Studium mehr in den Raum gegangen. Ich wollte ganze Räume gestalten, ja habe sogar diesen Abschluss gemacht, bin aber schon im Laufe meines Studiums eigentlich freiberuflich zur Illustratorin geworden. Tatsächlich mit bezahlten Aufträgen. Also es ist irgendwie so, als hätte sich so mein Naturell am Ende durchgesetzt.
Ich hatte da irgendwie ein Plan oder eine Idee, was man noch Spannendes machen könnte und habe auch tatsächlich zu Beginn des Studiums gar nicht gewusst, dass man Illustration studieren kann. Muss man sich auch mal überlegen. Ist verrückt. Aber ich habe gar nicht gewusst, dass es so was gibt.
Und an den Kunsthochschulen, an denen ich geschaut habe, war es ja oft so, dass Illustration irgendwie eingegliedert ist in den Fachbereich Kommunikationsdesign und dass das dann irgendwie so eine Teildisziplin ist sozusagen.
Ja, jetzt könnte man sagen: Gut, ich bin Hamburger Deern, dann ich müsste eigentlich wissen, dass an der HAW Illustration studierbar ist. Der Kelch ist an mir vorbeigegangen. Ich habe das dann sozusagen auf Umwegen am Ende doch noch gemacht, was ich wollte.
Franziska:
Um dich zu entlasten. Ich habe das ja auch nicht gewusst. Dann habe ich angefangen, Architektur zu studieren und dann gab es auf einmal Designer*innen und dann dachte ich so: Eigentlich, eigentlich will ich doch das machen. Dann hat es noch mal ein paar Jahre gedauert.Magdalena:
Ja, das ist interessant, weil ich glaube auch, dass dieses Raum Strategien, also das, was ich ursprünglich studiert habe, Raum Strategien und dann Demografie. Das sind so Begrifflichkeiten, aber letztendlich hat mich daran angesprochen, dass es so offen gehalten war, was man damit am Ende machen kann. Und ich wollte mir das gerne offenhalten und habe auch im Studium immer schon sehr viel mit Illustration gearbeitet.Das heißt, es war so eine Suchbewegung und es war nicht so: Ja, Jura und das ist dann halt klar, was du damit machst.
Franziska:
Ja, macht total Sinn. Das war bei mir genauso. Das ist ein schöner Begriff dafür. Suchbewegung. Finde ich total passend, darin finde ich mich sehr drin wieder. Bei mir war das auch eine Suchbewegung.Magdalena:
Ein Suchen und Finden, aber auch immer wieder neu finden. Also eigentlich genau ist das ja ein ständiges sich finden.Franziska:
Ja, wie hast du denn deine ersten Illustration-Jobs bekommen? Wie passiert das denn? Einfach so?Magdalena:
Einfach so ist das nicht passiert. Im Rahmen meines Studiums mussten wir noch ein Praktikum absolvieren und ich hatte vorher schon mal im Theaterbereich was gemacht. Also Szenografie kann ja auch Bühnenbild bedeuten, oder in Kulissen. Und da war mir klar, da will ich nicht noch mal hin. So, das habe ich jetzt für mich soweit begriffen. Ich will auch noch was Neues ausprobieren und bin dann zu einer Graphic Recorderin gegangen und habe dort drei Monate Praktikum gemacht und bin dann also im Prinzip übers Praktikum direkt zum Graphic Recording gekommen und Graphic Recording war eine ihrer Dienstleistungen.Also wir haben auch Whiteboards, Animationen und Erklärfilme gemacht und so was. Das heißt, im Großen und Ganzen kann man sagen, war es Illustration. Und da habe ich dann sehr schnell verstanden und gesehen, erleben dürfen und letztendlich dann auch selber erlebt, dass man damit Geld verdienen kann, dass es Aufträge dafür gibt.
Franziska:
Und wie hast du denn wirklich deine ersten Aufträge bekommen? Bist du aktiv auf Leute zugegangen oder hat sich das so ergeben?Magdalena:
Ich hatte schon eine Website, wie man das als Kunststudentin eigentlich auch einfach schon hat. Also irgendwie die eigene kleine Galerie im Internet. So ungefähr. Und da habe ich dann angefangen, das, was ich mache, auch so als Leistungen zu beschreiben. Genau. Und da habe ich dann Graphic Recording dargestellt und darüber sind Leute auf mich aufmerksam geworden.Also ich habe mal eine Kundin gefragt, mit der ich relativ am Anfang zusammen gearbeitet habe, was denn jetzt ausschlaggebend war, mich zu beauftragen und sie meinte, sie hätte gegoogelt und hat sich verschiedene Bilder angeguckt und fand meine am schönsten. Und dann hat sie mich deshalb gebucht. Damals konnte man mich über eine Webseite und über Google Bildersuche im Prinzip finden.
Ich war dann auch noch freie Mitarbeiterin, nach meinen Praktikum. Noch eine kurze Weile, nicht allzu lang. Da waren zu viele Kilometer dazwischen und ein Studierendenleben und ein Unternehmerin-Leben, das hat dann doch etwas divergiert. Aber im Grunde genommen war der Grundstein das Praktikum und von da aus einmal über Empfehlungen und auch übers Internet.
Franziska:
Ja, wobei sich das halt auch total mit meiner Erfahrung deckt. Das wird glaub ich sehr oft unterschätzt, wie wirksam das ist, weil man es natürlich auch nicht so wirklich kontrollieren kann. Aber natürlich kann man versuchen, das zu verstärken.Magdalena:
Danach bin ich hauptsächlich über meine Webseite an Kunden rangekommen. Also ich habe da einfach sehr viel Zeit da reingesteckt und Hirnschmalz wie ich das aufbaue und kannte zum Glück auch schon früh eine SEO-Expertin, also für Suchmaschinenoptimierung, mit der ich dann die Webseite zusammen aufgebaut habe. Das hat einfach eingangs sehr gut als Strategie ausgereicht und funktioniert.Franziska:
Ja, ich kann mir vorstellen, dass bei Graphic Recording SEO total sinnvoll ist, weil die potenziellen kund*innen, die sitzen dann vor Google und geben ein »Grafik Recording Hamburg«, weil sie jemanden suchen, der das gerade macht. Also ich finde es total nachvollziehbar, dass bei dir SEO als Akquise-Strategie total wichtig ist.Lass uns mal ins Thema einsteigen: Was machen denn eigentlich Graphic Recorder*innen? Was ist denn die Aufgabe, die man da zu erfüllen hat?
Magdalena:
Also kurz und knapp Sie machen sichtbar, sie machen live sichtbar – in Echtzeit. Und sie machen das sichtbar, was im Raum an Themen vorgetragen wird. Vielleicht in Veranstaltung, Situationen, einzelne Keynotes, Vorträge. Es können aber auch Workshop-Situationen sein. Wenn Gruppen miteinander einen Entwicklungsprozess durchlaufen oder in Ideenfindungsprozessen, in Sprints oder Paneldiskussionen.Also letztendlich ist das Veranstaltungsformat egal. Das kann alles mögliche sein, weil die Methode einfach die Echtzeit-Übersetzung in Bilder ist. Ich sage ganz gerne: ich bin ihre Simultan-Übersetzerin in Bildsprache.
Franziska:
Das ist ein schönes Bild dafür. Eine schöne Metapher. Was glaubst du denn? Was sind denn so die Fähigkeiten, die man braucht? Als Graphic Recorder*in? Also was ist das, was man sozusagen im Werkzeugkoffer mitbringen sollte?Magdalena:
Also auf jeden Fall ein gutes Zuhören. Damit einhergehend denke ich auch so ein bisschen die Geduld zuzuhören, also nicht vorschnell Annahmen zu treffen, was man verstanden hat. Gleichzeitig muss man aber auch schnell verstehen, worum es geht. Also man muss sowohl gut zuhören und Geduld haben, und braucht auch eine schnelle Auffassungsgabe und eine gewisse Verknüpfungsfähigkeit, also assoziatives Denken, Denken in Metaphern, so eine Fähigkeit, verbindend darzustellen und zu denken.Zeichenskills sind natürlich auch von Vorteil. Also da gibt es ja einige Scribes auf dem Markt, die das seit über zehn Jahren machen und ihr Handwerk aus dem Effeff beherrschen. Die haben ganz eigene Bilder-Bibliotheken sozusagen. Also wenn ich jetzt eben gesagt habe »Ich bin Simultan-Übersetzerin in Bildsprache«, dann wären sozusagen die Bilder das Vokabular, mit dem ich arbeite.
Was auch wichtig ist: ein gewisses Organisationstalent. Also man muss sich einfach selber gut organisieren können, weil gerade wenn man jetzt irgendwie live vor Ort zeichnet, es ist egal ob analog oder digital, man muss gut vorbereitet sein. Die Stifte müssen aufgefüllt sein, das Papier sollte nicht so knicken.
Wie viel Taschen hatte ich im Zug? Habe ich die auch noch alle dabei, wenn ich ausgestiegen bin? Wie bekommt denn der Kunde am Ende das Bild? Zum Beispiel: Gibt es eine Papierrolle oder wie organisiere ich das? Ja, also das ist jetzt mal zur reinen organisatorischen Umsetzung. Aber dann braucht es natürlich auch noch eine gewisse Empathie, um Kund*innen zu verstehen.
Worum geht es denen? Was ist der Sinn und Zweck, der Inhalt der Arbeit und wie treffe ich sozusagen ihre Sprache? Das sind zwar Bilder, in denen ich spreche, aber die Bilder können ja unterschiedlichste Facetten haben. Und da so ein gewisses Feingefühl mitzubringen, wie man das für Kund*innen am besten aufbereitet. Das ist also so ein bisschen die eierlegende Wollmilchsau – aber die können wir auch zeichnen. Kein Problem.
Franziska:
Als eine Person, die nicht wirklich Ahnung davon hat, bin ich mal davon ausgegangen, dass man als Graphic Recorderin auch einfach wirklich viel Menschenkenntnis braucht, weil man ist ja irgendwie auch die Person, die vorne steht und zeichnet und irgendwie auch alle durch den Prozess durchleitet. Muss man da eine ganz schöne Rampensau sein, die das Ganze sehr unterhaltsam vorne anzieht?Magdalena:
Ähm, bedingt. Also ich glaube, das ist Typ-Sache. Also erst mal kann man sich natürlich nicht verbiegen, wenn Kund*innen sagen: Hier, stell dich mal ans Mikro, mach uns bitte eine Zusammenfassung – so unterhaltsam wie möglich, dann ist das natürlich auch noch davon abhängig, ob wir es hier mit einem introvertierten, extrovertierten oder ambivertierten Menschen zu tun haben.Zum anderen hängt es auch ein bisschen davon ab, was die Auftraggeber*innen in ihrem Veranstaltungs-Kontext planen und erwarten. Also manchmal passt das auch gar nicht rein, dass man da irgendwie noch mal auf das Bild schaut – was grundsätzlich immer schade ist, finde ich. Aber ich sage mal einfach zusammengefasst: Graphic Recorder*innen müssen keine Rampensau sein.
Ja, also man kann auch neben der Rampe stehen, sozusagen und im Stillen die Bilder machen. Und ich denke, man kann auch beispielsweise, wenn ein Kunde sagt: Könntest du am Ende bitte einmal zusammenfassen, was hier ist? Und wenn man sich damit jetzt zu absolut nicht wohlfühlt, das auch ausschlagen? Ich würde nicht sagen, man muss auf einer Bühne performen, wenn man Graphic Recorder*in ist, sondern die Bilder müssen für sich sprechen.
Als Werkzeug ist es cool, wenn man eine Zusammenfassung machen kann, wenn man das Publikum noch mal durchleiten kann durch die Bilder, wenn man da noch mal gemeinsam ein Resümee ziehen kann. Das ist immer gut und immer ein Mehrwert. Aber es ist kein Muss. Es ist nicht eine Grundvoraussetzung fürs Graphic Recording.
Franziska:
Ich kann mir vorstellen, dass jetzt einige hier sozusagen im Publikum sitzen oder zuhören und sich so fragen: Ich habe schon verschiedene Begriffe gehört und wie passt das alles zusammen? Es gibt ja Graphic Recording, dann gibt es Visual Facilitation und es gibt noch 1000 andere Begriffe. Kannst du uns mal mitnehmen und mal kurz auseinanderklamüsern: Was gibt es für unterschiedliche Bereiche, die man unterscheiden kann? Welche Schubladen gibt es?Magdalena:
Ja sehr gern. Also am liebsten keine. Alle Türen auf, alles auf, was geht. Outside the box. Wir wollen das Ganze so interdisziplinär und kreativ wie möglich denken. Also ich bin ein Fan davon, dass Menschen sich nicht festlegen auf einen bestimmten Stil oder eine bestimmte Art, etwas umzusetzen oder einen bestimmten Begriff. SEO-technisch macht es allerdings Sinn, sich auf Begriffe festzulegen, zum Beispiel Graphic Recording.Das ist das, was wir jetzt eben besprochen haben: die Live Übersetzungen Bildinhalte und das meistens auf Großformat. Also das können zehn Meter lange Papier-Wände sein, das kann auch mit Beamer-Projektion auf einer Bühne sein. Das kann auch im Kleinen am iPad stattfinden. Und das ist der Übergang zum Begriff Sketchnotes, der vielleicht auch geläufig ist.
Sketchnotes ist sozusagen die kleine Schwester des Graphic Recordings. Also das sind Notizen, die auf einem kleineren Format stattfinden. Das können Mitschriften sein auf Papier, üblicherweise vielleicht in Notizbüchern, eher so kleinere Notizen, die man vielleicht eher für sich selber macht. Oder so, als Mehkhilfe für die Inhalte, die man konsumiert. Und Graphic Recording ist deshalb so groß, weil es für große Gruppen in Echtzeit sichtbar sein soll.
Und wenn ich auf dem kleinen Format in meinem Notizbuch arbeite, ist das ja erst mal so per se nicht für alle sichtbar, außer ich werde abgefilmt oder so. Aber Graphic Recording und Sketchnotes unterscheiden sich im Prinzip nicht. Nicht von der Methode als solche, dass man etwas ins Bild bringt, sondern eher vom Format, würde ich sagen.
Und Visual Facilitation hattest du dann noch eben angesprochen. Das ist genau das, was wir vorher eben zum Thema hatten, ob man sich da auch vielleicht auf die Bühne wagt, im Austausch mit der Zielgruppe, dem Publikum, der Arbeitsgruppe, wie auch immer, also den Menschen. Das ist im Prinzip auch die Übersetzung der Bildinhalte in Echtzeit, aber mit gleichzeitiger Facilitation, also Gruppenleitung oder das Durchführen durch den Tag.
Also ist das vielleicht noch so eher eine visuelle Geburtshilfe, während Graphic Recording eher was Begleitendes ist. Visual Facilitation ist noch angewandter, mit stärkerer Interaktion mit dem Publikum. Ja, das vierte, was mir einfällt, ist Generative Scribing. Das kommt ursprünglich, wie Graphic Recording auch, aus den USA. Begründet hat den Begriff Kelvy Bird. Die hat auch ein Buch darüber rausgebracht.
Und was unterscheidet Generative Scribing von Graphic Recording? Ich würde sagen, vor allem die Tatsache, dass wir hier unterscheiden, wie man hört. Wenn jetzt jemand ein Graphic Recording buchen würde, dann ist es oft auch das Ziel, am Ende ein Bild davon zu haben, was gewesen ist. Und bei Generative Scribing ist das Ziel, abzubilden, was vorher noch nicht da war.
Franziska:
Spannend.Magdalena:
Ja, das ist super spannend. Die Bilder unterscheiden sich dann auch. Also im Graphic Recording gibt es klare Bildwelten, es gibt klare Figuren, es gibt Sprechblasen, das Ganze kann visuell gut strukturiert sein. Wenn man Generative Scribing googelt, da tauchen ganz andere Bildwelten auf. Man könnte sagen, dass es mehr malerische, geschwungene Formen und Linien gibt, alles ein bisschen abstrakter.Figuren werden nicht so detailliert dargestellt, sondern oft geht es eher um das Individuum und das Kollektiv. Und dann sind das so Anordnungen von Einzelelementen und Gruppenelementen, eher so systemisches Arbeiten. Super, super spannend.
Ja, ich hoffe, das habe ich einigermaßen gut zusammengefasst. Ansonsten gibt es da auch noch andere Expert*innen. Wie gesagt, Kelvy Bird hat ein Buch darüber geschrieben und hier im deutschsprachigen Raum haben wir Marie Pascal Gafinen, die dazu einige Workshops anbietet. Genau.
Franziska:
Voll gut, um mal vielleicht jetzt auch auf die ganz konkreten Sachen zu kommen. Ich spreche ja total gern über die wirtschaftliche Situation von bestimmten Bereichen und mache das hier einfach gern zum Thema. Weil das am Ende halt auch einfach wichtig ist, wie viel man damit verdient. Magst uns mal einen Einblick geben, wie das so im Graphic Recording ist?Magdalena:
Ja, jetzt kommt die Anwalt-Antwort. Es kommt darauf an. Hihihi. Also es kommt natürlich absolut darauf an: Erst mal darauf, wie viele Anfragen man überhaupt bekommt und dann aber auch, wie viel man realistisch umsetzen kann. Also so ein Graphic Recording braucht auch Vorbereitungszeit und das braucht auch ... ich glaube Franziska Ruflair hat das mal »verkatert« genannt, dass man im Anschluss an so eine Veranstaltung verkatert ist.Genau. Und da braucht man unbedingt etwas Puffer und Regenerationszeit. Abgesehen davon, dass ich das noch nicht erlebt habe und auch keinen kenne, der täglich beauftragt wird für Graphic Recording. Aber selbst wenn dem so wäre, würde man das wahrscheinlich nicht so einfach physisch schaffen. Das braucht Puffer.
Also wenn ich jetzt ein Ideal nennen könnte, dann wäre das vielleicht vier Graphic Recordings im Monat und dann so zwischen acht und 10.000 Euro.
Es gibt natürlich realistisch auch dünnere Auftragslagen. Es gibt Phasen, in denen kriegt man vielleicht mal drei Monate überhaupt keine Graphic Recordings rein. Und da sind wir dann wieder beim Stichwort Mischkalkulation.
Also ich kenne keinen Graphic Recorder, der nur Graphic Recording macht. Das würde mich wundern. Also wir machen alle auch noch Visionsbilder, Strategiebilder. Viele sind im Online-Business und bieten dann irgendwie Kurse an oder sonstiges. Also wir können nicht nur davon leben, dass wir beauftragt werden für eine Graphic Recording. Hat das die Frage beantwortet?
Franziska:
Das ist eine total gute Hausnummer. Das hilft ja schon mal, einfach einzuschätzen, wo man da so hinkommen kann und was da vielleicht auch für Potenziale da sind. Das ist einfach mal eine ganz klare andere Ansage als im Kinderbuch-Bereich zum Beispiel.Magdalena:
Ja, auf jeden Fall. Es gibt natürlich das Honorarwerk der Illustratoren Organisation. Das zeigt die durchschnittlichen Honorare, die man kalkulieren kann. Für Graphic Recording, glaube ich, bewegt sich das um 1500 Euro pro Graphic Recording. Und dann hängt es natürlich auch noch davon ab, ob man einen Tag beauftragt wird oder vielleicht im Idealfall sogar mehrere. Was ja immer ein super Jackpot ist, weil man ja die Anfangszeit und die Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit hat.Und wenn man dann mehrere Tage abrechnen kann, dass das natürlich immer super, also eigentlich immer eine Win-Win-Situation, weil auch ein Graphic Recording über mehrere Tage mehr Zeit hat, sich zu entwickeln.
Wie gesagt, es gibt halt auftragsstarke Monate, dann kann man vielleicht sogar ein Graphic Recording nicht annehmen, weil man schon ein anderes hat.
Also solche Situationen entstehen und dann gibt es halt wieder auch mal monatelang echte Flauten und damit muss man halt kalkulieren. Das ist halt nicht so, dass man sagen kann: Boah, mit Graphic Recording verdiene ich jeden Monat 10.000 Euro.
Franziska:
Und benutzt du im Moment auch hauptsächlich SEO als Akquise Tool oder machst du noch andere Formen von Akquise?Magdalena:
Hm, also SEO auf jeden Fall. Empfehlungsmarketing ist bei mir auch so ein wiederkehrendes Pferd, auf das ich setzen kann, dass ich empfohlen werde, von bereits bestehenden Kund*innen. Dann sind Veranstaltungen, auf denen ich zeichne, sehr gute Multiplikatoren, weil ich da natürlich immer Visitenkarten dabei habe und angesprochen werde. Und auch im Nachgang natürlich oftmals zeigen kann, was ich gemacht habe.Nicht immer. Manchmal muss man Geheimhaltungsklauseln unterschreiben und war offiziell nie zu sehen. Aber wenn man es zeigen darf, dann ist das super. Im Prinzip zeigt man ja immer live, wie es ist, wenn man beauftragt wird. Also die Leute können einen da auch vor Ort ansprechen und kennenlernen und sehen, wie man arbeitet.
Sie kriegen sozusagen das Referenz-Portfolio auf dem Servierteller in live und da kann man sagen: That’s me. Und früher, als ich noch relativ neu in dem Business war, war ich immer total fokussiert und auch gestresst bei der Arbeit und habe an der Wand gestanden und gedacht: Hoffentlich spricht mich jetzt keiner an, ich muss auch diesen oder jenen Punkt noch darstellen. Das ist etwas, was ich auf jeden Fall allen Anfänger*innen mitgeben möchte.
So nehmt euch die Zeit, wenn ihr da seid, auf alles zu reagieren, was da ist. Also wenn da jemand an die Wand kommt und sagt: Boah, das ist ja toll. Nimm dir die Zeit , den Stift niederzulegen, durchzuatmen und auf das Gespräch einzugehen, weil das könnte möglicherweise der potenzielle nächste Kunde sein und ja, ich habe das jahrelang sträflich vernachlässigt.
Ich weiß nicht, wie viele Aufträge mir so gesehen durch die Lappen gegangen sind, weil ich zu fokussiert auf mein Bild war oder darauf, dass ich seit acht Stunden nichts gegessen habe und ganz dringend eine neue Flasche Wasser brauche. Aber ja, und was gibt es noch? Ich habe jetzt kürzlich die Stadt gewechselt und bin dann hier tatsächlich mal Klinkenputzen gegangen.
Also ich habe mich einfach an verschiedenen Adressen, wo ich auf Umwegen Kontakte hatte, da bin ich dann mal hingegangen und habe ein Käffchen getrunken, ein bisschen geplaudert und danach eine Rundmail vorformuliert, die sozusagen nur Copy&Paste-werden musste. Ein weiterer Punkt, der sehr wichtig ist: der Service-Gedanke.
Ich habe also eine Mail vorformuliert, in der dann alles so stand, wie ich das gerne hab mit den Bezeichnungen, die korrekt sind und mit den Bildern, die ich dazu zeigen wollte und durfte die dann schicken und die wurde dann entsprechend durch die Verteiler gejagt. Und darüber habe ich auch schon einige Anfragen bekommen. Ja, na schauen wir mal, wie sich das so entwickelt.
Da ist auch viel Schwund dabei, sage ich mal, wo dann nicht zustande kommt. Aber ja, also Persönliches vor Ort vorstellen habe ich jetzt auch mal ausprobiert.
Franziska:
Voll gut. Ich glaube, dass es total sinnvoll ist in ganz, ganz vielen Branchen. Wie war das für dich? Wie hat sich das angefühlt?Magdalena:
Ich habe ja auch deine Portfolio-Akademie mitgemacht und war das vor zwei Jahren, die erste? Ja, vor zwei Jahren. Und da habe ich auch verstanden, okay, es geht darum, Routinen zu entwickeln, die sich irgendwann so normal anfühlen, dass man sie einfach immer macht und dass man sie gar nicht in Frage stellt.Und da habe ich auch gemerkt, dass ich auch noch viel an meinem Mindset arbeiten durfte. Und das hat geholfen, weil ich denke, es ist total wichtig, dass man sich nicht in so in eine Bittsteller-Situation begibt. In so einer »Ja, ich kratze hier an deiner Tür. Entschuldige, dass ich störe, ich habe eigentlich auch gar nichts außer den Wunsch: Willst du ganz dringend bitte etwas von mir kaufen? Weil: ich brauche Geld.«
Das ist natürlich nicht die Energie und auch nicht der Anlass, mit dem man zu einem Kunden geht. Es hilft, sich vorher einmal ein bisschen zu sammeln, zu überlegen, was ist jetzt hier ein Mehrwert, den ich liefere? Ja, womit kann ich diesen Personen helfen? Und wenn man sich das einmal so richtig klar gemacht hat, dann ist es viel leichter, auf Menschen zuzugehen, weil ich gar nicht das Gefühl habe, dass ich dich störe, weil ich weiß, ich kann ihnen helfen.
Und aus der Perspektive auf jemanden zuzukommen, hat halt eine ganz andere Energie als das Mindest »Ich brauche jetzt dringend wieder einen Job.« Und was mir auch noch beim Klinkenputzen da total geholfen hat, war so eine gewisse Lockerheit. Ich habe das auch eher als so ein tatsächlichen Kaffeetrinken für eine Begegnung zu betrachten und gar nicht so sehr damit gerechnet, dass da jetzt sofort ganz viel bei rumkommt – sondern das darf sich entwickeln.
Und ich habe mich selber so locker gemacht, sage ich mal, dass ich da mir die Stunde Zeit genommen habe und auch gedacht habe: Wow, die nimmt sich eine Stunde Zeit für mich. Also wir haben unser beider Zeit gewertschätzt und miteinander verbracht und das war toll und – mittlerweile mache das jetzt ja seit sechs, sieben Jahren – mittlerweile habe ich Kund*innen und bin da auf einem ganz anderen Level, was die Kommunikation anbelangt. Da kommt also nicht aus dem Nichts eine Anfrage.
Sondern da ruft mich eine Kundin an, von der ich vielleicht das letzte Mal vor einem Jahr gehört habe und erst mal freu ich mich total riesig, dass die sich meldet. Und genauso, wenn ich sie anrufe. Dann tue ich das auch in erster Linie, um mal nachzufragen, wie es so geht, was gerade so los ist, was so die Themen sind, ob es irgendwas gibt, bei dem sie vielleicht Unterstützung brauchen.
Franziska:
Schön, das ist eine echt gute Perspektive auf Akquise. Was ich persönlich daran total hilfreich finde, ist, dass sobald man die Perspektive switcht und da hingeht, weil man unterstützen möchte, dann geht es nicht mehr um einen selbst. Ja, dann ist bei mir nicht mehr die Frage: Findet die mich gut?Sondern es ist einfach ein komplett anderer Fokus. Und es ist total leicht, eben nicht in diese typischen Fallen zu treten, dass man denkt: Oh mein Gott, jetzt werde ich hier bewertet und oh mein Gott, da muss irgendwas bei rumkommen. Ich glaube, diese Gedanken sind einfach total kontraproduktiv, weil Menschen sind einfach super feinfühlig bei so was und haben so kleine Antennen und kriegen das sofort mit, wenn man eigentlich nur möchte, dass sie einen gut finden und einen am besten sofort auch noch beauftragen.
Magdalena:
Ja, ja. Ich habe auch einfach festgestellt, dass wenn ich nur von mir spreche oder nur von meiner Arbeit, da kommt halt nicht so viel an, da bleibt oft die Frage: Ja, und was soll ich jetzt damit?Franziska:
Ja genau.Magdalena:
Und sobald ich die Perspektive wechsel und sage: So, Kunde, du hast einen Beteiligungsprozess und ganz viele Menschen werden ganz viel sagen und das landet auf Post-its und die landen danach im Müll und vorher werden sie abfotografiert und dann werden sie in einen Bericht transkribiert und vergessen. Aber ich mache euch daraus ein visuelles Erlebnis. Ich zeichne euch das Projekt als zentrales Bildmotiv in die Mitte, so dass jeder, der da draufschaut, immer sofort emotional und inhaltlich irgendwie mit der Idee verbunden ist. Gerade bei Beteiligungsprozess finde ich das immer so wertvoll. Dann sehen die Teilnehmenden das, was sie gerade gesagt haben, eine Idee, die sie einbringen, die wird sofort visuell manifestiert. Die ist da zu sehen, die ist – zack – aufgenommen. Ja, die ist Bestandteil und Teil des Prozesses und das ist einfach cool.Ich habe schon unterschiedliche Sachen versucht, wie ich mir Akquise-Routinen antrainieren kann, und ich habe da Excel Tabellen ausprobiert, wo man dann irgendwelche Daten einträgt und dann leuchtet es rot, wenn der Timer abgelaufen ist, dann muss man sich wieder melden. Aber ich merke einfach, ich bin da einfach nicht so der Typ für. Ich bin da einfach spontaner unterwegs und mache das eher nach Bauchgefühl.
Auch so ein bisschen darauf bezogen, wann die Kunden grundsätzlich im Jahr Veranstaltungen haben. Dann denke ich an sie. So, jetzt haben wir wieder diese oder jene Jahreskonferenz. Du hast auch mal, ich glaube in der PA, den Tipp gegeben, dass man zu Handynummern auch Notizen speichern kann. Und das mache ich seit dem und das ist so ein Game Changer für mich gewesen.
Also eigentlich ein total simpler Hack. Ich speichere mir die Nummer grundsätzlich alle ab. Also wenn ich eine Anfrage rein kriege und da wird nichts draus, macht nichts. Ich speichere mir Nummer, Name und das Datum und die Begründung, mit der ich kontaktiert wurde. Und das nächste Mal, wenn ich die Namen suche oder derjenige meldet sich noch mal, habe ich halt schon, sobald ich auf den Kontakt gehe, alle Informationen zusammen.
Dann sehe ich: Alles klar. Das letzte Mal wurde ich vor einem halben Jahr angefragt für eine Infografik. Jetzt werde ich angefragt für ein großes Poster. Da kann man auch viel leichter vom einen aufs andere schließen oder Verknüpfungen machen. Und es ist einfach viel leichter, Verbindungen zu halten. Und ich mache ja nicht meine Exceltabelle auf, während ich gerade vielleicht auf dem Fahrrad unterwegs bin. Und dann klingelt mein Telefon ...
Franziska:
Was du sagst, stimmt ja so sehr. Es ist gut, da einfach ganzheitlich drauf zu schauen, weil da kriegt man auf einmal noch ein viel besseres Gefühl davon, was die Person eigentlich braucht. Wenn man sozusagen die ganze Historie sieht. Außerdem ist es total unangenehm, wenn man von jemanden angerufen wird, mit dem man vor einem halben Jahr telefoniert hat und sich einfach an nichts mehr erinnern kann. Das gilt es zu vermeiden.Magdalena:
Ja, also ich finde es erst mal total erstaunlich, wie schnell man tatsächlich vergisst. Gestern hattest du eine gute Idee. Jaja, die merke ich mir. Hast du aber nicht aufgeschrieben. Und am nächsten Tag weißt du nicht mehr, was das überhaupt war. Ich habe jetzt ein Briefing Dokument bei mir gefunden, beim Aufräumen vom Computer. Da hatte ich nicht dazu notiert, welcher Kunde das ist.Und ich muss sagen, ich kann mich wirklich an viele Aufträge erinnern, aber ich krieg dieses Briefing nicht identifiziert. Ich habe keine Ahnung, welcher Kunde. Das habe ich auch gedacht. Wow. Also, man kann Sachen auch tatsächlich vergessen und insofern umso besser, wenn man kleine Randnotizen hat.
Franziska:
Das ist total hilfreich. Und ja, ich glaube, es ist auch sehr menschlich, dass man einfach Dinge vergisst am Ende. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich finde das ja schon irgendwie auch ganz beeindruckend. Umso länger man selbstständig tätig ist, umso mehr Leute kennt man ja. Also es ist ja einfach so ein ganz natürlicher Prozess.Es werden halt immer mehr Kontakte – manche Leute gehen, manche Leute kommen neu dazu. Aber es ist total menschlich, dass man sich das nicht alles merken kann, weil es sind erstaunlich viele Kontakte, die sich da so über die Jahre aufbauen.
Magdalena:
Letztendlich geht es ja auch nicht darum, sich alle zu merken, sondern im Idealfall, zumindest geht es mir so, habe ich meinen engeren Kreis. Also ich habe meine Lieblingskund*innen, ich habe meine Prio-Kund*innen, ich habe mein gutes Netzwerk, also die Topleute, auf die ich zuerst zukomme, wenn ich etwas abzugeben habe oder eine Frage habe oder irgendwas Und klar, die drumherum.Da erinnert man sich dann vielleicht nur dunkel dran, aber ich finde es auch völlig okay, wenn man das offen anspricht: »Ja, schönen guten Tag. Helfen Sie mir kurz auf die Sprünge? Woher kennen wir uns?« Also das ist ja eine völlig legitime Frage und die meisten sind ja sogar dankbar dafür, dass man da proaktiv ist, sozusagen. Es macht einen ja auch nur menschlich.
Und Menschen wollen mit Menschen zusammenarbeiten, wie wir gelernt haben.
Franziska:
Ja, das stimmt. Lass uns mal überleiten zu den Möglichkeiten, die es so gibt, um sich weiterzubilden. Also sozusagen: Was können denn die Hörer*innen machen, die jetzt denken: Das klingt echt total spannend. Wie kann ich denn mehr lernen über Graphic Recording? Und du, du bist ja gerade ganz aktiv. Kannst du uns davon was berichten und uns mitnehmen?Magdalena:
Ja, sehr gerne. Ich mache gerade auf Instagram wöchentlich ein Live. Also ich unterhalte mich mit Kolleg*innen aus der Branche Graphic Recorder, die es auch schon seit Jahren machen, die sogenannten alten Hasen. Und wir unterhalten uns dann so eine halbe Stunde, Dreiviertelstunde, wenn’s hochkommt, eine Stunde über bestimmte Themen zum Thema Graphic Recording. Vor zwei Wochen war ich zum Beispiel mit Martina Grigoleit im Gespräch über die Basics als solche.Und das Tolle an Instagram live ist ja, dass man Fragen stellen kann. Wir sammeln also vorher Fragen ein und dann haben wir die Fragen in einem lockeren Gespräch quasi beantwortet und auch ein bisschen geplaudert, sozusagen aus unseren Erfahrungen oder was uns schon mal passiert. Das ist ja auch immer sehr, sehr unterhaltsam. Diese Woche hatte ich ein Gespräch mit Christoph Kellner und der hat dann direkt rausgehauen, dass er tatsächlich mal ein Blackout hatte und an einer Wand stand und nicht mehr konnte, also nicht wusste, was er da jetzt machen soll.
Genau. Und solche Geschichten zu hören von erfahrenen Menschen, das ist einfach total spannend. Natürlich in erster Linie, weil nach außen sieht immer alles so perfekt aus. Man sieht das fertige Bild, man sieht die Webseiten, man sieht wie profimäßig die alle sind. Und dann hört man aber sozusagen aus dem Studio, was eigentlich abgeht in dem Moment oder wie viele Fehlschläge man erlitten hat, bevor man etwas gut gemacht hat oder was halt alles so schief läuft.
Also jetzt zum Beispiel Ich bin jetzt ja neu in dem Aufnahmebusiness und mein letztes Insta-Life ist in dem Fall insofern schief gelaufen, dass Insta das irgendwie falsch gebuffert hat und der Christoph und ich uns da permanent ins Wort fallen, also in der Aufnahme. Tatsächlich haben wir das nicht gemacht, aber die Aufnahme ist halt total schlecht. Ja, und da lerne ich natürlich auch dazu.
Also ich werde das jetzt transkribieren und man kann alle Interviews auf meinem Blog nachlesen auf meiner Webseite www.magdalenavollmer.de. Da gibt es seit neustem einen Blog. Ja, und die nächsten Wochen wird es immer einmal die Woche ein Interview geben. Leider nicht an einem festen Wochentag. Das können wir alle realistisch nicht stemmen.
Aber ich werde es immer gut vorher ankündigen. Spätestens zwei Tage vorher mache ich Werbung. Mein Instagram Kanal heißt @Raumstrategin. Na total Graphic Recording mäßig – das ist noch meinem Studium geschuldet. Also genau, und da kann man jetzt wöchentlich zuhören und vor allem mitmischen, weil die Fragen, die reinkommen, sind halt das, was das Gespräch auch belebt. Also klar, wir können uns auch einfach austauschen, aber die Idee dahinter ist eben genau: Menschen, die sagen: Ich will das jetzt mal ausprobieren. Ich bin professionelle Illustrator*in, würde aber gerne Graphic Recording machen und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ja, vielleicht einfach mal bei uns ein bisschen reinschauen, zuhören, Fragen stellen.
Franziska:
Was für eine schöne Idee und wie toll, dass man noch Fragen stellen kann. Das ist total großartig. Ich habe jetzt noch zwei Fragen an dich: Was glaubst du denn, wie die Zukunft aussieht? Von Graphic Recording? Wie wird sich das Berufsbild verändern? Was glaubst du, was da so passieren wird in den nächsten Jahren?Magdalena:
Ja, das ist eine gute Frage. Gerade schauen ja alle ganz gebannt auf die KI und was mit KI-generierten Bildern so alles passiert. Die KI wurde auch schon trainiert mit Graphic Recording Bildern. Also wir wurden da von der Illustratoren Organisation aufgerufen zu schauen, ob für die KI Bilder verwendet wurden von uns. Tatsächlich habe ich da sehr viele Kolleg*innen gefunden auf der Suche nach meinen eigenen Bildern – und von mir auch ein absurd abstraktes gefunden. Aber gut, wahrscheinlich soll die KI auch lernen, abstrakt zu zeichnen.Also ich denke schon, dass die Bild-generierenden Methoden sich auf jeden Fall weiterentwickeln und dass es möglicherweise eine Form von Graphic Recording geben wird, die komplett KI-generiert ist. Auf jeden Fall glaube ich, dass es sicherlich eine Entwicklung geben wird mit Automatisierung.
Aber ich glaube auch, dass wir als Gestalter*innen und Kreative da trotzdem eine unverzichtbare Stellung beibehalten werden, weil nämlich das empathische Zuhören oder das, was wir jetzt auch beim Generative Scribing besprochen hatten, das Hören von Zwischentönen, von Ungesagtem, diese atmosphärischen Dinge im Raum – äh, ja, würde ich mal behaupten – kann so eine Maschine nicht abbilden. Das ist eine menschliche Kompetenz mit Empathie, auch Humor.
Gerade im Graphic Recording ist Humor auch eine ganz feine Sache. Die kann man gut gebrauchen. So gesehen glaube ich, wenn man jetzt mit KI irgendwie Muster generiert oder so, dann fehlt dem Hasen noch das Ohr. Und so weiter. Also die muss noch lernen. Und vielleicht gibt es auch bestimmte Bereiche wie Empathie etc., die sie gar nicht lernen kann, wo wir als Menschen mit unseren menschlichen Fähigkeiten unersetzlich bleiben.
Und dann denke ich, dass wir so gesehen konzeptuell stärker werden müssen – werden werden – weil es einfach ohne nicht geht. Auch wenn Bilder schnell generiert werden können, braucht es trotzdem jemanden, der die Bild-Kompetenz hat. Und da glaube ich, dass wir langfristig eher in eine beratende Funktion kommen werden. Also ein Kunde kann sich vielleicht schnell ein Bild bauen.
Ja, aber das ersetzt noch lange nicht ein Konzept oder ein Storytelling oder ein Bild-Verständnis und überhaupt die Bild-Kompetenz. Also es ist was anderes, ob ich mir ein Bild baue oder ob ich ein Bild konzeptuell entwickle. Konzept, das, ich denke, ist die Zukunft. Wir haben nach wie vor eine große gestalterische Verantwortung, vielleicht sogar mehr denn je, weil die Bilder aus der Dose, die bleiben halt Ravioli aus der Dose.
So, wenn man für das Fünf-Sterne-Menü ein Geschmackserlebnis haben will, dann muss man halt nach wie vor in das Restaurant, zu dem Meisterkoch oder der Köchin gehen. Da bin ich überzeugt von.
Franziska:
Ja, ja, bin ich auch ganz bei dir, finde ich.Magdalena:
Jetzt hören wir uns das in 20 Jahren noch mal ...Franziska:
Hahaha, ja, das wird spannend. Danke für deine Einschätzung. Gut, jetzt habe ich noch die Überraschungs-Frage. Ist auch nichts schlimmes, aber ich würde total gerne mal von dir wissen, wie du so zu Stilfindung stehst. Also das ist ja bei Graphic Recording wahrscheinlich schon auch ein Thema, weil da hat man ja auch einen Stil.Was ist so deine Perspektive darauf? Wie entwickelt sich so ein Stil? Was hat das mit dir zu tun? Als zum Beispiel jetzt dein Stil? Hast du mehrere? Wie passiert das?
Magdalena:
Ja, spannend. Genau darüber habe ich diese Woche ja mit Christoph im Live gesprochen. Da wollte ich von ihm wissen: Wie ist es mit seinem Stil? Weil er so markante Figuren hat und das war auch sehr interessant, weil er dann erzählt, er hat die an die 50er Jahre Animations Werbefilme angelehnt und die haben sich aber trotzdem weiterentwickelt. Also der Stil ist nicht etwas Festgeschriebenes, was dann immer so bleibt, sondern wir entwickeln uns ja irgendwie alle weiter.Magdalena:
Aber ich denke, es ist immer lohnenswert und cool, wirklich viel auszuprobieren und sich da nicht zu sehr festzulegen auf etwas – und andererseits sich so einen gewissen Werkzeugkoffer anzueignen. Also dass man, wenn man will, auf etwas zurückgreifen kann, aber es nicht muss.Ich bin immer total auf der Suche. Ich versuche, ich probiere verschiedenste Sachen aus, zum Beispiel auch beim Generative Scribing habe ich jetzt schon einige Seminare mitgemacht, einige Weiterbildungen und so und ich frag mich da auch, muss das immer gleich aussehen?
Also wenn man Generative Scribing googelt, sind das dann immer die gleichen Bilder, Immer dieser eine Stil und dann denke ich mir: Nee, mein Generative Scribing sieht anders aus. Wie kann ich noch nicht genau sagen. Da bin ich noch auf der Suche. Und jetzt schließt sich der Kreis. Wir haben am Anfang von der Suchbewegung gesprochen. Auch das ist jetzt irgendwie eine Suchbewegung.
Und ich glaube, dass man sich viel über Probieren annähern kann und rausfinden kann. Also jetzt gerade so für meine Figurenentwicklung im Graphic Recording, dass probiere ich gerne rum und probiere vieles aus. Und frag mich: Was macht mir Spaß, was geht mir schnell von der Hand? Das ist so was Entscheidendes, weil im Graphic Recording ist es weniger entscheidend, wie die Figur am Ende aussieht. Es ist wichtiger, dass ich sie unendliche Male in kurzer Zeit wiederholt auf den Punkt darstellen kann.
Weil gerade da geht es nicht darum, dass ich darüber nachdenke, wie ich jetzt die Figur darstelle, sondern um den Inhalt, den ich darstellen will. Ich muss mit meiner Aufmerksamkeit bei den Inhalten sein, nicht bei meinen Bildern, nicht bei meinem Stil. Ja, aber ich weiß nicht. Ich bin immer überrascht. Es gibt so Menschen, die können so ganz genau ihren Stil benennen und beschreiben.
Und andere können das so gar nicht. Ich weiß nicht, ob es was dazwischen gibt, aber ich würde mich eher zu letzteren zählen. Und ich bin immer total interessiert daran, von anderen zu hören, wie sie mein Stil sehen. Also was sie da sehen, wie sie das sehen. Das frage ich auch immer meine Kund*innen. Also bin ich immer super interessiert daran und frage: Wie sind Sie auf mich gekommen und was gefällt Ihnen an meinem Stil?
Franziska:
Super Tipp. Ich habe auch mein Alleinstellungsmerkmal entdeckt, indem ich immer mal wieder nachgefragt habe, warum Leute mich eigentlich buchen. Weil man da ja ganz oft so blind ist. Da hat man halt echt so volles Brett vorm Kopf bei den eigenen Stärken, bei der eigenen Stilistik.Das ist super schwer, das zu sehen, weil man ja aus sich selbst heraus guckt und nur die eigene Perspektive so mit den zwei Augen auf die Welt kennt. Um den eigenen Stil er erkennen, muss man so einen Schritt zurücktreten und so von oben auf sich selbst draufgucken. Und das ist gar nicht so einfach. Und das hilft es, Feedback zu bekommen von außen.
Magdalena:
Der Friseur schneidet sich ja auch nicht selbst die Haare. Ich gehe auch zu einem anderen Friseur. Also es hilft immer noch, eine Perspektive von außen zu haben, glaube ich.Franziska:
Ja, voll gut. Vielen Dank, Magdalena.Magdalena:
Ich muss mal wieder zum Friseur. Danke dir.Franziska:
Ich danke dir wirklich von Herzen für das viele Wissen, was du hier mit uns geteilt hast. Und hier noch mal die ganz große Einladung an alle, die sich dafür interessieren, sich Magdalenas Lives anzuhören und da auch ganz aktiv Fragen zu stellen. Die Links dazu packe ich in die Shownotes. Ich danke dir, Magdalena.Magdalena:
Vielen Dank.Franziska:
Bis dann.Magdalena:
Tschüss. Ja, schönen Tag noch!
So. Das war das Interview. Was hast du mitgenommen? Und hast du noch mehr Fragen zum Graphic Recording? Dann schau doch mal auf Magdalenas Instagram-Profil vorbei und komm ins nächste Instagram-Live.
Nächste Woche, am 25. April 2023, bin ich dort zu Gast. Das heißt, wenn du auch Portfolio-Fragen hast, dann bist du natürlich ganz herzlich eingeladen, dort auch Fragen zum Portfolio, zur Akquise und zur Positionierung zu stellen.
Hier noch ein Tipp zum Weiterhören: Im Portfolio-Podcast #50 sprechen der großartige Illustrator, Designer und IO-Vorsitzende Jürgen Gawron und ich darüber, wie du mehr Geld mit kreativer Arbeit verdienst. Hier geht es also um des Pudels Kern, um auch mit einem Goethe-Zitat zu enden. Jürgen und ich sprechen über den Mehrwert von Design- und Illustrationsleistungen. Und um mehr Geld zu verdienen, musst du essenziell wissen, welchen Mehrwert deine Arbeit für deine Kund*innen kreiert.
Und wenn du dir da mehr Klarheit wünschst, dann lad dir auch gern mein Workbook »Dein kreatives Angebot« herunter. Das hilft dir dabei, herauszufinden, was du als Illustrator*in und Designer*in gut kannst und welche Kund*innen das brauchen. Das Workbook unterstützt dich auch dabei, ein konkretes Angebot zu formulieren und dafür passende Zielgruppen zu identifizieren. Du kannst es dir herunterladen unter www.diegutemappe.de/angebot
Deshalb jetzt zum Schluss mal die Frage an dich: Ist Graphic Recording ein Markt, der für dich interessant ist? Und welchen Schritt gehst du heute, um dich wirtschaftlich selbstbestimmter aufzustellen? Teile deine Erkenntnisse und Erfahrungen gern unter dem Podcast, hier direkt unter dem Blogartikel oder auf Instagram.
Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören uns wieder nächste Woche, ich freu mich auf dich,
bis dahin, Franziska
Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?
Für den Verkauf von Büchern sind gute Bewertungen enorm wichtig. Wenn du mein Buch »Die gute Mappe« schon gelesen hast und es dir gefällt, hilfst du mir sehr mit einer Rezension auf Amazon und Co. Du kannst sogar eine Bewertung hinterlassen, wenn du das Buch in einem anderen Buchladen gekauft hast (was ich begrüße). Sharing is caring! Danke dafür! Und auch ein ❤️ und ein Danke an die, die schon eine Rezension geschrieben haben.
Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska