20. Oktober 2022

37 | Wie entsteht dein Stil?

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Heute geht es um Stil und wie du deinen Stil in deinem Portfolio erkennst.

Aber eins nach dem anderen: Ich bin heute in Frankfurt auf der Buchmesse. Hurra!! Endlich wieder Buchmesse. Das ist corona-bedingt meine erste Messe seit Oktober 2019. Wegen der Reise nach Frankfurt habe ich den Podcast schon vor ein paar Tagen aufgenommen und vorbereitet. In der Themen-Vorbereitung hatte ich beschlossen, einen Podcast über Bücher und über Bücherliebe zu machen.

Ein Podcast zur Buchmesse … über Bücher … das macht Sinn. Und zuerst habe ich Listen geschrieben mit Büchern, die ich in meinem beruflichen Alltag als Designerin und Illustratorin regelmäßig benutze. Dann habe ich eine Liste von den Büchern geschrieben, die ich auf eine einsame Inseln mitnehmen würde, weil ich sie immer wieder und wieder lesen kann …. und dann habe ich alle Sachbücher aufgelistet, die ich in den letzten Monaten gelesen bzw. als Audiobook gehört habe, um mich zu entscheiden, welche davon am hilfreichsten waren. Diese Listen findest du im Blogartikel, für den Fall, dass dich das interessiert.

 

Romane, die ich schon mehr als 5 Mal gelesen habe ... und auf eine einsame Insel mitnehmen würde
Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt
Ken Kesey: One flew over the Cuckoo’s Nest
Harry Potter, 1 – 7

Graphic Novels, zu denen ich immer wieder zurückkehre
Aisha Franz: Shit is real
Mariko und Jillian Tamaki: Ein Sommer am See

Sachbücher, die ich kürzlich gelesen habe
Shirzad Chamine: Positive intelligence
Bessel van der Kolk: The Body Keeps the Score
BJ Fogg: Tiny habits
James Clear: Atomic habits
Daniel Kahneman: Thinking, Fast and Slow
Terri Cole: Boundary Boss

Fachbücher, die Gold wert sind
Hans Peter Willberg, Friedrich Forssman: Lesetypografie
Viki King: How to write a movie in 21 days (für Storyboards und Plotentwicklung)

 

Wie zeigt sich Bücherliebe?

Aber das Listenschreiben hat sich noch nicht so passend angefühlt. Denn die Folge sollte keine Episode über Bücherempfehlungen werden, sondern eine über Bücherliebe. Und da sind Listen nicht das Mittel der Wahl.

Wie zeigt sich denn deine Liebe zu Büchern? Oder anders gefragt … liebst du Bücher. Hast du noch welche? Und warum willst du als illustrator*in und/oder Designer*in welche gestalten, illustrieren oder schreiben?

Meine Bücherliebe zeigt sich zum Beispiel nicht durch übermäßiges Lesen. Ich lese eher wenig und bin ziemlich picky, was Romane betrifft. Wenn eine Geschichte mich nicht schon auf der ersten Seite einfängt, dann höre ich auch gern nach ein paar Seiten wieder auf und lege das Buch zur Seite.

Die Bücherliebe zeigt sich auch nicht durch übermäßig viele Bücher im Regal. Ich hab zwar sicherlich mehr Bücher als so manch anderer, aber nicht alle Bücher muss ich besitzen und nicht alle Bücher behalte ich für immer.
 

Die Anfänge ...

Und während ich so über Bücher und die Bücherliebe nachgedacht habe und vor meinem Bücherregal stand und vor mich hinsinnierte, fiel mein Blick auf meine Kinderbücher. Von denen habe ich nur noch eine Handvoll, weil bei einem Umzug die Kiste mit meinen Kinderbüchern verloren gegangen ist. Danach habe ich mir einige wenige, die wichtigsten antiquarisch wieder zusammen gekauft.

Und während ich so auf diese Handvoll Bücher blickte, hatte ich einen Gedanken:

Ist dir schon einmal aufgefallen, dass die Bilderbücher, die uns als Kind umgeben haben, oft einen großen Einfluss auf unsere visuellen Präferenzen haben? Sie prägten unsere Vorlieben für Farben, Formen und Bildsprachen. Und die Figuren der Geschichten begleiten uns oft ein Leben lang.
 

Was ist Stil?

Und wenn du Illustrator*in, Buchautor*in oder Designer*in bist, dann arbeitest du ja mit deinen visuellen Präferenzen. Sie sind Teil deiner Arbeit und vom Prinzip das Fundament, auf dem deine Arbeit steht.

Vielleicht magst du opulente malerische Welten. Oder du hast eine Vorliebe für eine reduzierte, grafische Bildsprache und klare große Farbflächen. Oder du liebst Geschichten mit Figuren, die sich klamaukig und immer ein bisschen extrem bewegen und die mit vielen Schnörkeln und langen Nasen gezeichnet wurden. Oder du liebst Symmetrie und die Balance, die sich dadurch ergibt.

Wo kommen diese Vorlieben her? Das ist eine interessante Frage, denn im Berufsalltag gehören diese Vorlieben zu deinem Stil.

Stil ist ja für viele Kreativen ein wichtiges Thema. Manchmal auch eins, das Herzschmerz erzeugt. Wenn der Stil sich noch nicht zeigen will, wenn es schwer fällt, sich zu entscheiden und wenn du das Gefühl hast, dass du ein Potpourri von verschiedenen Stilen im Portfolio hast, aber keiner davon bist wirklich du.
 

Stil ist ein wichtiger Aspekt deiner Positionierung.

Für Illustrierende ist das grundsätzlich öfter ein Thema. Denn Illustration wird von Auftraggeber*innen sehr stark nach der formalen Bildsprache bewertet. Auch bestimmt der Stil, in welchen Märkten deine Werke gut hinpassen und auf welchen Märkten die Türen für dich offen stehen.

Im Design ist stilistisch alles etwas subtiler. Aber auch hier gibt es natürlich Stil und formale Eigenheiten, die deine Arbeit zusammenhalten und wiedererkennbar machen.

Heute würde ich gern mit dir einen Blick auf dieses Kindheitsbücher-Phänomen werfen, damit es dir helfen kann, deinen eigenen Stil besser zu verstehen, zu beschreiben und – in der Konsequenz – diesen auch formal leichter zu wiederholen.

Der heutige Podcast ist eine Einladung an dich, eine Reise in die Vergangenheit zu machen und zu erkunden, wie dich die Bilderbücher, die dich als Kind begleitet haben, bis heute prägen.
 

Was hat mich visuell beeinflusst?

Wenn du mich fragen würdest, welche Bilder meiner Kindheit mich stark geprägt haben, dann kann ich dir vor allen Dingen meine Bilderbücher nennen.

Ich bin in den 80er Jahren groß geworden.

Eins meiner liebsten Bilderbücher als Kind war ein Buch, das ausschließlich in schwarzweißen Bildern erzählt. Es hat den heute politisch nicht mehr ganz so korrekten Titel »Weshalb bekommt man eine Ohrfeige?«. Das Buch erzählt die geschichte einer Mausefamilie, die in den Wänden und Fußböden eines Hochhauses lebt – weshalb viele Bilder Schnitte durch diese Fußböden zeigen und man oft auch die Füße von den Menschen oben drüber sieht. Das Buch wurde von der in Berlin lebenden Illustratorin Gertrud Zucker illustriert. Diese ungewöhnlichen Perspektiven, die grafischen Bildkompositionen und die monochrome Art und Weise des Buches sind mir bis heute in Erinnerung geblieben. Als Kind habe ich dieses Buch geliebt, was gegen all diese ungeschriebenen Regeln des heutigen Buchmarktes spricht, dass Kinderbücher bunt und auf gar keinen Fall schwarz sein dürfen.

Schaue ich heute in mein Portfolio, kann ich erkennen, dass ich auch in meiner eigenen Arbeit ungewöhnliche und vor allen grafische Perspektiven benutze. Ich mag flächige Darstellungen und eine gekratzte Textur. All das kann ich auch in meinem Kindheits-Bilderbuch erkennen.

Und … vielleicht ist dir ja auch schon meine auffällige Vorliebe für Tierfiguren aufgefallen, die eben auch oft Mäuse zum Vorschein bringt.
 

Die Bildsprache von Werner Klemke

Neben diesem Buch haben mich in meiner Kindheit hauptsächlich zwei weitere Buchillustrator*innen geprägt: Werner Klemke und Elizabeth Shaw.

Werner Klemke illustrierte ab 1955 und bis zum Februar 1990 jeden Monat die Umschläge des »Magazins«, einem Berliner Kultur-Magazins, das meine Eltern regelmäßig gelesen haben. Als Kind bin ich um die Ausgaben herumgeschlichen, denn das waren Erwachsenen-Hefte und nichts für Kinder, aber ich mochte damals schon die bunten, illustrierten Cover.

Auch viele Kinderbücher, die ich als Kind hatte, waren von Werner Klemke illustriert: »Das Wolkenschaf«, »Hirsch Heinrich«, »Bootsmann auf der Scholle« und »Ein Teufel namens Fidibus« haben mich begleitet.

Die Illustrationen von Werner Klemke sind oftmals Holzstiche oder Tuschezeichnungen mit viel Weißraum und damit sehr grafisch, abstrakt und vereinfacht und mit klaren, monochromen Farbflächen. All das sind Dinge, die ich auch in meinen eigenen Arbeiten wiederentdecken kann – und vor allem sind das auch alles Sachen, die ich auch an meiner eigenen Arbeit schätze.
 

Die Figuren von Elisabeth Shaw

Neben Werner Klemkes Bildern hatte ich auch viele Bücher von der in Ostberlin lebenden irischen Autorin und Illustratorin Elisabeth Shaw. Jeder im Osten der Republik kennt ihre Geschichte vom kleinen Angsthasen. Oder die von Zilli, Billi und Willi, den kleinen Schweinen, oder die von der Schildkröte, die Geburtstag hat.

Wenn ich mir die Figuren von Elisabeth Shaw ansehe, kann ich direkte Parallelen zu meinen Figuren erkennen. Meine Figuren sind keine Kopien, aber der Einfluss ist offensichtlich und für mich fühlt es sich an wie eine visuelle Verwandtschaft. Meine Figuren leben im gleichen Universum wie die von Elizabeth Shaw.
 

Keine Kopie!!

Mit der heutigen Fragestellung sage ich also nicht, dass unser Stil und unsere visuellen Präferenzen reine Kopien von dem sind, was uns früh geprägt hat.
Aber die Bilder, die uns in unserer Kindheit begleitet haben, legen oftmals das Fundament an, auf dem unser Stil und unser visueller Geschmack gebaut sind.
 

Was macht Stil aus?

Stil bzw. deine visuellen Präferenzen sind oftmals eine Mischung aus ganz vielen verschiedenen Komponenten. Zum einen ist da deine Persönlichkeit, die intrinsisch in dir ist und mit der du zu Teilen schon auf die Welt gekommen bist. Doch ein großer Teil davon ist erst durch dein Umfeld entstanden und durch die Erfahrungen, die du in deinem Leben gemacht hast.

Und diese prägen auch deine Haltung zu Dingen. In deiner Haltung stecken auch deine Themen und Interessengebiete mit drin. Und dann gibt es da noch deinen Geschmack. Der ist zu großen Teilen geprägt durch gesellschaftliche, kulturelle, insbesondere familiäre Einflüsse.

Geschmack kann sich ändern. Dir ist bestimmt schon einmal aufgefallen, dass du vielleicht die neuesten Modetrends, sagen wir mal klobige Plateaustiefel, erst einmal hässlich wie die Nacht fandest, aber dann, nach einer Weile und weil du sie überall, auf den Straßen und an den Füßen deine Freunde gesehen hast, auf einmal willst du auch klobige Plateaustiefel. Wir sind soziale Wesen, wollen zu unserer Meute dazugehören und unser Geschmack reagiert darauf.

Persönlichkeit, Lebensumstände, Interessen, Werte und deine Haltung zu Dingen – all das zusammengemischt ergibt deinen Stil.

Aus diesem Grund ist dein Stil eines deiner möglichen Ausdruckmittel, mit denen du dich der Welt mitteilst. Dementspechend ist Stil deine visuelle Stimme und das Mittel, mit dem du über Bilder sprichst.
 

Eine Einladung an dich

Wenn du also deinen Stil besser kennenlernen möchtest, dann ist es eine gute Idee, dich selbst besser kennenzulernen. Und das kannst du zum Beispiel mit der heutigen Zeitreise machen.

Deshalb jetzt mal die Frage an dich: Welche Bücher hast du als Kind oft angesehen oder vorgelesen bekommen? An welche Bücher erinnerst du dich? Und warum? Und wenn du diese wieder vor Augen hast, frag dich:

  • Welche Parallelen kannst du zu deiner eigenen Arbeit entdecken?
  • Gibt es Dinge, die sich auch in deiner Arbeit wiederholen?
  • Magst du diese Bücher visuell immer noch?
  • Und wenn ja, warum? Was haben sie, was andere nicht haben?
  • Und was hat das mit dir zu tun?

Teile deine Erfahrungen gern unter dem Podcast, hier direkt unter dem Blogartikel oder auf Instagram.

Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören und sehen uns wieder nächste Woche, bis dahin, Franziska

 

Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?

Für den Verkauf von Büchern sind gute Bewertungen enorm wichtig. Wenn du mein Buch »Die gute Mappe« schon gelesen hast und es dir gefällt, hilfst du mir sehr mit einer Rezension auf Amazon und Co. Du kannst sogar eine Bewertung hinterlassen, wenn du das Buch in einem anderen Buchladen gekauft hast (was ich begrüße). Sharing is caring! Danke dafür! Und auch ein ❤️ und ein Danke an die, die schon eine Rezension geschrieben haben.

 
Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska

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One comment on “37 | Wie entsteht dein Stil?”

  1. Hi Franziska,

    mir fallen auf Anhieb bloß 3 Bücher ein und das obwohl (oder gerade deswegen) wir viel gelesen haben. Ich finde es schwierig daraus Parallelen zu ziehen, wenn man nicht gerade nur Kinder- und Jugendbuchillustrationen im Portfolio hat. Ich glaube sowohl mein Buchgeschmack als auch meine eigenen Werke sind sehr vielfältig was die Frage nach dem Stil nicht gerade einfacher macht.

    Bei anderen ist das immer leichter zu erkennen und ich finde es auch spannend deine jetzigen Werke mit den alten Inspirationen zu vergleichen. Dann denke ich mir: Das muss doch bei mir auch irgendwie funktionieren, warum sehe ich das nur nicht?

    Zu meinen Lieblingsbüchern werde ich wohl erstmal meine Mama befragen. 😀

    Liebe Grüße
    Dilara

Für Dich!

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