30. März 2023

#58 | Kann Mensch von Comics und vom Büchermachen leben? *Mit Patrick Wirbeleit


 
Sag mal, interessiert du dich für Comics und das Büchermachen? Wenn ja, dann bist du damit nicht allein. Ich weiß, dass viele Hörer*innen des Portfolio-Podcasts passionierte Buchgestalter*innen, Buchillustrator*innen und -autor*innen sind – oder es dringend werden wollen. Du auch? Dann fragst du dich bestimmt immer mal wieder, wie das Büchermachen eigentlich geht und funktioniert – künstlerisch, aber eben auch wirtschaftlich.

Heute bekommst du Antworten – denn heute ist Patrick Wirbeleit zu Gast. Er ist Kinderbuch-Autor, Illustrator und Comic-Zeichner und hat über 70 Bücher geschrieben, illustriert oder beides. Unter anderem ist er der Autor der vielfach ausgezeichneten und überaus erfolgreichen Kinder-Comic-Buchserie »Kiste«, die bei Reprodukt erschienen ist. Darin erzählen Patrick und Uwe Heidschötter, der die Bilder zeichnet, die Geschichte von Mattis und seiner verzauberten Werkzeugkiste.
 

Patrick Wirbeleit: einer der deutschen Kindercomic-Experten

Patrick Wirbeleits Leidenschaft sind Kinder-Comics und ich darf hier einfach einmal ganz selbstbewusst behaupten, dass Patrick einer der deutschen Kindercomic-Experten ist. Gleichzeitig ist Patrick ein Mensch, der sich in der Vergangenheit immer wieder für die Illustrationsbranche und die Rechte und Belange von Illustrierenden eingesetzt. Er war einer der lautesten Kritiker des im Jahr 2021 neu eingeführten Deutschen Kinderbuchpreises, der damals, also im ersten Jahrgang mit 500.000€ dotiert war, aber nur die Textautor*innen, nicht die Illustrator*innen ausgezeichnet hat. Die Preisgelder werden jetzt, drei Jahre später, anders verteilt und aufgrund des Medienechos, zu dem Patrick damals auch beigetragen hat, wurden die Bedingungen des Wettbewerbs korrigiert und zumindest ein Sonderpreis für die beste Illustration eingeführt. Darüber und welche Konsequenzen Patrick daraufhin für sich getroffen hat, erzählt er auch gleich noch einmal im Interview.

Gleichzeitig hat Patrick auch selbst einen Preis ins Leben gerufen, allerdings schon sehr viel früher als der viel kritisierte Deutsche Kinderbuchpreis. Zusammen mit Mano Eckhoff hat Patrick im Jahr 2015 mit dem Carl-Buch-Preis einen Preis für die beste Kinderbuch-Coverillustration in die Welt gebracht. Auf dem Instagram-Account des Carl-Buch-Preises gibt es auch die sehr spannende Interviewreihe »Kann man davon leben?« zu hören, in der Patrick viele spannende Menschen, unter anderem auch mich, interviewt hat zur Frage: Kann man davon leben?

Ich selbst war in der ersten Runde des Carl-Buch-Preise in meiner Rolle als IO-Vorstandsmitglied Teil der Jury. Seitdem haben sich Patricks und meien Wege immer wieder mal gekreuzt und wir haben einige Tassen Kaffee in Hamburger Cafés getrunken.

Los geht’s mit einem Kopfsprung ins Interview.
 

Patrick Wirbeleits Webseite
Bunte Hunte: Konferenz für Kinderbuch-Illustration
Carl-Buch-Preis

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Transkript des Interviews aus dem Portfolio-Podcast #58:

Franziska:
Hallo, Patrick. Wie schön, dass du da bist.

Patrick:
Hallo, Franziska. Schön, dass du mich eingeladen hast.

Franziska:
Ich freue mich total, dass du hier im Portfolio-Podcast bist. Und ich habe ganz viele Fragen mitgebracht und bin total neugierig, was du da so zu sagen hast. Und als allererstes würde ich dich aber total gerne mal fragen, weil du hast ja beeindruckend viele Bücher geschrieben in den letzten über 20 Jahren, also über 70 Bücher und davon Bilderbücher, Erstlesebücher, Pixi-Bücher, Romane, Comics. Und ich habe mich gefragt Wolltest du als Teenager schon Illustrator und Autor werden?

Patrick:
Nee, überhaupt nicht. Ich bin da eher so reingerutscht. Tatsächlich wollte ich eigentlich Künstler werden und wollte freie Kunst machen. Das war das, was mich interessiert hat. Das fand ich attraktiv, aber eben nicht so attraktiv, dass ich als Berufswunsch dann auch verfolgt hätte. Ich hatte einen Freund, der war freischaffender Künstler und da konnte ich deutlich sehen, dass das Lebenskonzept Künstler deutlich wirtschaftliche Nachteile hat.

Und also ich sage mal so, das war jetzt irgendwie nicht so das tolle Vorbild, wo ich dachte okay, wow, irgendwie, wenn ich Künstler bin, dann lebe ich so ein tolles Leben, wie er will. Ich hab eher gedacht, woah, wenn ich Künstler bin, dann lebe ich so abgerockt wie er.

Und da ich vorhatte, das war mir klar als Teenager, warum auch immer. Ich wollte eine Familie haben und damals auch noch recht klassisch im Rollenbild verfangen, habe ich gedacht. Wenn ich eine Familie haben will, muss ich die auch ernähren können.

Und dementsprechend habe ich dann erstmal eine Ausbildung gemacht. Als Kaufmann bei Karstadt und hab dann noch eine Ausbildung angefangen als Raumausstatter und habe dann aber parallel dann damals schon angefangen kleine Ausstellungen zu machen – in nem Bistro oder so – und habe da irgendwie gutes Feedback bekommen.

Und dann habe ich irgendwie gedacht: Ach Quatsch, diese ganzen scheiß Kompromisse, irgendwie geht das schon. Ich mach das jetzt einfach mal. Genau! Und habe mich dann sozusagen zum Künstler selbst ernannt und habe dann angefangen, Bilder zu zeichnen, zu malen, Ausstellungen selbst zu organisieren, ich hatte eine kleine Galerie mit einem Freund zusammen und ich habe mich da so durchwurschteln und wie zu erwarten war dann natürlich nicht viel Geld zu holen und ich habe dann nebenbei ein bisschen gejobbt.

Und irgendwann habe ich so Freunde in der Musikszene in Hamburg gehabt, und die wiederum hatten Freunde und Bekannte, die im Journalismus gearbeitet haben, und die haben mich dann angesprochen: Sag mal, hast du nicht Interesse, irgendwie mal für unser Kunden-Magazin für Bank XY oder so was Illustrationen zu machen und klar habe ich das gemacht und so bin ich da im Grunde reingerutscht. Und jetzt rückwirkend auch ein bisschen weird – denn die Motivation zu illustrieren war halt, um Geld zu verdienen.

Franziska:
Hahahaaa … ja, aber ist wahrscheinlich leichter noch als ja, als in der Kunst. Einfach nur – weil das interessiert mich mal – weil bei mir war das auch so, ich wollte Kunst studieren, habe dann, weil ich nicht genommen wurde, Architektur studiert und habe dann in meinem Architekturstudium mitbekommen, dass es ist halt nicht so mein Ding ist.

Und dann habe ich auf einmal herausgefunden, dass man Design studieren kann. Und der Grund, warum ich das nicht vorher schon gedacht hatte oder darüber nachgedacht habe, war weil ich es einfach nicht wusste. Also freie Kunst war das, was es so auf meinem Horizont gab. War das bei dir auch so oder wusstest du schon als Teenager, dass man auch Illustrator werden kann?

Patrick:
Nee, das war überhaupt nicht klar. Und tatsächlich ist es so, dass die Bilder, die ich gemacht habe, schon immer sehr, sehr erzählerisch waren. Tatsächlich hatte ich mal eine Ausstellung, die hieß »Bilder, die Texte evozieren und Texte, die Bilder evozieren«.

Also dieser erzählerische Faktor war schon immer dabei, in allem, was ich gemacht habe. Und tatsächlich habe ich mich mal mit einem Freund eines Freundes, mit dem ich damals die Galerie hatte, Christian Thielmann heißt der, die kannten sich vom Zivildienst in Köln gemacht oder so was, der hat ihn besucht.

Und Christian Thielmann hat damals schon Kinderbücher geschrieben, und der hat meine Sachen gesehen, ja, das sind ja super Illustrationen und ich habe mich schwer beleidigt gefühlt. »Auf keinen Fall. Das ist in der Kunst!« – und hab dann mit ihm dem ganzen Abend aufs Blut diskutiert. Darüber, ob Illustration Kunst ist oder nicht. Und ob das für mich irgendwas ist oder nicht und so weiter. Und im Grunde nur fünf Jahre später oder so was habe ich tatsächlich auch wieder ohne mein Zutun, für Christian eine ganze Buchreihe illustriert über Carlsen – das war meine erste größere Auftragsarbeit.

Franziska:
Ist total lustig. Es ist manchmal auch so verrückt, oder, wie das Leben funktioniert.

Patrick:
Also wie gesagt, die Sachen haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Also Christian und ich hatten keine Verknüpfung über die Branche, sondern wirklich aus anderen Ecken. Also es war wirklich verrückt.

Franziska:
Ich glaube schon, dass das Leben es eigentlich total gut mit einem meint und das dann, wenn die Zeit reif ist, dann passieren die Dinge dann auch und fallen so wie Puzzlestücke so zusammen.

Patrick:
Hm, also meine Erfahrung ist in meinem persönlichen Leben eher so, dass sobald ich weiß, was ich will, kommen diese Puzzlestücke zusammen und bis dahin passiert gar nichts. Also wenn mir nicht klar ist, was ich will, dann kann, um mal in deinem Bild zu bleiben, das Universum auch nicht antworten auf diesen Wunsch.

Franziska:
Ja, wahrscheinlich, wenn man auch die Möglichkeiten nicht sieht.

Patrick:
Ja.

Franziska:
Wie hast du denn dann angefangen zu schreiben?

Patrick:
Tatsächlich habe ich schon als Jugendlicher geschrieben – so Kurzgeschichten. Das habe ich aber völlig aus den Augen verloren und eigentlich auch vergessen, dass ich das mal gemacht habe. Und dann kam es im Grunde so, dass Kim Schmidt, der Illustrator ist und Comics macht. Den habe ich getroffen, also kennengelernt, über einen gemeinsamen Freund, und wir sind zusammen nach Leipzig gefahren, zur Messe.

Ich hatte damals so zwei, drei zusammen getackerte Comics, die ich selbst gezeichnet hatte, die aber auch ohne Text waren, Aber natürlich trotzdem Geschichten, aber schon sehr vage. Weirdes Zeugs. Aber nichtsdestotrotz, ich hatte da einen kleinen Messestand, wo ich die dann verkaufen durfte. Und deswegen bin ich halt bei Kim mitgefahren, weil der ist mit dem Auto dorthin gefahren. Der war schon groß. Nicht nur, dass er ein Auto hatte, der hat auch schon Comics veröffentlicht bei Carlsen.

Und der hatte eine Zeichnung mit dabei von einem kleinen Wikinger Jungen. Und daneben stand »kleiner Thor« und die Zeichnung fand ich total cool. Und ich habe ihn halt gefragt: Was hast du denn damit vor? Und er meinte: Ja, ich will die mal Joachim Kaps, das war damals der Cheflektor von Carlsen Comics. zeigen. Also genau weiß jetzt auch nicht so, aber vielleicht kann ich damit irgendwie einen Comic damit machen. Und dann meinte ich zu ihm: Sag mal, hast du da schon eine Geschichte? Und er so: Nee!

Und da habe ich während der Fahrt so ein bisschen nachgedacht – wobei das stimmt gar nicht – ich hatte im Grunde sofort die Eingangssequenz für den Comic im Kopf und dann meinte ich so zu ihm, sag mal, hättest du etwas dagegen, dass ich die Geschichte schreibe? Und man muss dazu sagen, also Kim und ich hatten uns gerade erst kennengelernt und ich habe noch nie eine Geschichte geschrieben, weder für mich noch für jemand anderen.

Und er hat natürlich zu Recht zögerlich reagiert und meinte: naja. kannst du schon machen. Aber ob ich dann was damit anfangen kann oder ob ich da die Bilder zu zeichnen – das ist immer eine andere Sache. Aber das war so bei mir, so stark, dieser dieser Wunsch, für diese Figur eine Geschichte zu schreiben, das ist einfach gemacht habe, ich habe angefangen.

Und daraus ist im Grunde unsere erste Zusammenarbeit entstanden. Wobei, das stimmt gar nicht. Tatsächlich habe ich das Szenario geschrieben und er meinte, er hätte keine Zeit, weil er muss noch einen anderen Comic vorher fertig machen. Für den einen Vertrag hatte – Störtebeker – und da hat er sich dann gerade mit dem Autor überworfen. Die sind einfach nicht klargekommen und ich war gerade an dem Tag das erste Mal bei Kim zu Besuch, weil wir über Klein-Thor reden wollten.

Und er meinte dann: Dass mit dem Autoren, das wird alles nichts. Wir sind schon über die Deadline. Schlimm, schlimm und so. Und ich ... na also, ich bin manchmal auch immer [zögert] ... ach eigentlich hat mir das immer gut getan. Ich habe dann einfach gesagt, och, da kann ich das ja machen. Aber wie gesagt, null Referenzen. Und es war ja noch nicht mal so, dass ich für mich selber auf etwas zurückgreifen konnte, was mir im Grunde bestätigt hätte oder was im Grunde dieses Selbstbewusstsein irgendwie gerechtfertigt hätte.

In der Regel ist es bei mir wirklich so, dass ich auf eine Sache so viel Lust habe, dass ich denke: Egal, ich probier's mal aus und mit Glück klappt dann, ja! Und in diesem Falle hat es geklappt. Also haben wir dann eben den Störtebeker Comic zuerst gemacht, weil es gab schon einen Vertrag. Und auch da denke ich im Nachhinein: Wow! Dass auch der Carlsen Verlag, damals Joachim Kaps, gesagt hat: So ist es jetzt, jetzt schreibst du halt die Geschichte ... verrückt. Ich weiß nicht, ob sowas heute noch funktionieren würde? Aber ja, so bin ich zum Schreiben gekommen.

Franziska:
Den mutigen Menschen gehört die Welt – voll gut. Du bist Illustrator und Autor und manchmal machst du auch beides. Wie entscheidest du das?

Patrick:
Ich mache ganz selten beides. Wenn ich beides mache, dann aus der Not heraus. Weil ich denke, dass jemand anders das nicht so umsetzen kann. Gar nicht aus dem künstlerischen Sinne her, sondern weil da eine gewisse Humor-Ebene mit drin ist oder irgendwas, wo ich denke, wenn ich das nicht mache, dann funktioniert es wahrscheinlich nicht. Aber das ist sehr, sehr selten eigentlich.

Also ich habe ein Projekt, an dem ich gerade arbeite, mit einem Freund zusammen, mit dem ich auch »Das unsichtbare Raumschiff« geschrieben habe.

Und da muss ich im Grunde die Bilder zeichnen, weil die Geschichte sich sehr organisch entwickelt. Also er reagiert auf die Bilder textlich und ich schreibe aber auch mit Text und es geht immer so hin und her und das könnte man mit ner dritten Person wirklich nur schwer bewerkstelligen, zumal auch überhaupt nicht klar ist, ob wir überhaupt einen Verlag für finden.

Das heißt also, ich könnte jetzt nicht ... ein Comic ist ja sehr arbeitsaufwändig ... ich könnte jetzt nicht von einem Zeichner oder einer Zeichnerin verlangen, dass sie sich auf dieses Projekt einlässt und am Ende ja sehr, sehr viel Arbeit in die Sache gesteckt hat und es überhaupt nicht klar ist, ob da überhaupt was bei rumkommt.

Franziska:
Das heißt aber, wenn du entscheiden kannst, dann bist du entweder Autor oder Illustrator.

Patrick:
Ja! Auch weil ich mich irre schnell langweile. Meistens arbeite ich auch an zwei, drei, vier Sachen parallel, damit ich irgendwie, wenn ich mich an der einen Sache langweile, mit der nächsten weitermachen kann. Das ist auch manchmal sehr stressig, weil es dann irgendwie Überlappung gibt oder so was. Aber ja, wie gesagt, nur eine Sache zu machen am Stück würde mir sehr schwer fallen.

Franziska:
Hat es auch einen Grund, dass es irgendwie schwer ist, Text und Bild gleichzeitig zu machen? Weil ich persönlich finde das total schwer.

Patrick:
Nee, das fällt mir total leicht. Gerade, wenn ich jetzt für Comics Geschichten schreibe, schreibe ich die ja mit den Bildern im Kopf. Also ich beschreibe dann die Bilder, die ich im Kopf habe für den Zeichner. Also ich mache so Arbeitsanweisung, was auf den Bildern passiert, wer wie guckt, was die sagen. Das ist eher nicht mein Problem. Nein, also gerade wenn man nen Comic macht.

Da schreibst du die Geschichte, dann zeichnest du die einmal komplett durch als Storyboard, dann zeichnest du die noch mal komplett als Reinzeichnung und dann kolorierst du die vielleicht auch noch selber. Das heißt, dass du die gleiche Geschichte vier Mal durcharbeitest. Wie gesagt, ich habe schon gar keine Lust mehr nach dem Schreiben. Da bin ich ja schon einmal komplett durch die Geschichten durchgegangen.

Also, ich finde es dann eher interessanter, wie gesagt, dann als Illustrator auf Texte anderer Leute zu reagieren und zu gucken, was kann ich dem abgewinnen und hinzufügen.

Franziska:
Ah, das ist spannend. Ich habe mal in einem Interview gelesen, dass du ganz oft die Geschichte mit Dialogen entwickelst, dass bei dir Dialoge zuerst da sind. Das fand ich spannend, weil bei mir stimmt das überhaupt nicht. Ich komme immer vom Bild. Wenn ich könnte, würde ich nur Bücher machen ohne Text.

Patrick:
Ja, leider verkaufen die sich so schlecht.

Franziska:
Ja genau! Verkaufen sich gar nicht, sind totale Ladenhüter. Aber ich finde es auch so schön, wenn Bilder das einfach hinkriegen, dass man keinen zusätzlichen Text haben muss. Und ich habe dann oft auch das Problem, dass der Text nicht wirklich was kann. Da eine gute Gleichzeitigkeit zu schaffen, die sich gegenseitig ergänzt und besser macht, finde ich echt schwer. Und das ist eine wirkliche Leistung, wenn man das gut hinbekommt.

Patrick:
Ja, also ich habe ein Bilderbuch, da hatte ich die erste Idee, als meine Tochter geboren wurde. Also vor 22 Jahren und das habe ich jetzt vor kurzem abgeschlossen. Ich habe über die Jahre immer wieder dran gearbeitet, immer wieder was Neues gemacht, habe es einmal komplett gemacht. Und auch da ... das ist eigentlich so ein Bilderbuch mit auch mal vier Panels auf der Seite … es ist eigentlich so ein Bilderbuch-Comic. Der könnte komplett ohne Text funktionieren. Aber ich weiß halt, dass der Markt das anders möchte. Und auch als Erfahrung als Vater, der Kindern etwas vorliest. Wenn du abends auf dem Sofa sitzt, dann hast du nicht mehr die Energie, dir frei zu den Bildern irgendwas auszudenken und zu erzählen. Du willst dich nur noch am Text längs hangeln und hoffst dann, dass du nicht vor den Kindern einschläfst.

Und dementsprechend habe ich dazu den Text gereimt. Aber auch da ging es mir im Grunde wie dir – da fiel es mir sehr schwer. Ich habe dann die Reimform genommen, weil ich dachte, das macht das Ganze nochmal für mich interessanter. Aber da habe ich mir dann tatsächlich Hilfe geholt bei einem Freund, der eigentlich Musiker ist, aber dementsprechend sich auch durchaus mit Reimen auskennt.

Und das fand ich dann wieder spannend. Also der hat da auch ganz viel reingebracht und eben auch teilweise dann auch noch das Ganze ein bisschen ergänzen können durch die Bilder, die man im Kopf hat. Und dir geht es ja wahrscheinlich auch so: Da ist ja erst mal alles auserzählt, was man so hat – deswegen hat man es ja in die Bilder gepackt.

Franziska:
Ja, genau. Es ist genau das! Man hat eigentlich alles erzählt und dann muss noch dieser verdammte Text dazu, der auch noch was anderes können muss. Ja, aber es beruhigt mich, dass du auch so Projekte hast, die dich so lange begleiten. Weil: ich arbeite auch gerade an einem Buch, das mich schon seit 2016 oder 2017 begleitet und das Ende ist noch nicht in Sicht.

Es ist auch schon durch mehrere Metamorphosen durchgegangen. Ich weiß im Moment auch gerade gar nicht mehr, was es wird. Ich bin schon wieder an einem Punkt angekommen, wo ich so denke: Vielleicht ist es ja doch auch eher so ein Comic-Bilderbuch anstatt eine richtige Graphic Novel? Weiß ich nicht. Muss ich noch mal drüber nachdenken. Manche Sachen brauchen einfach Zeit.

Patrick:
Definitiv. Definitiv. Also ich habe auch noch andere Sachen liegen, von denen ich weiß, dass sie irgendwann mal wieder zu mir zurück finden, die aber schon seit vielen Jahren darauf warten, dass sie vielleicht mal von mir wieder in die Hand genommen werden. Michael Groenewald, der der Kiebitz-Verleger, meinte mal zu mir, er wartet mal drauf, dass ich ihm eine Geschichte anbiete, die ich nicht aus der Schublade hole. Weil ich eigentlich immer schon so viele Sachen vorgearbeitet habe über die Jahre.

Nicht zuletzt deshalb, weil Kinder-Comics mich schon immer interessiert haben und ich tatsächlich in dem Bereich schon gearbeitet habe als kein Verlag das machen wollte. Eben vor zehn Jahren, also bevor wir Kiste bei Reprodukt gemacht haben und selbst danach. In den ersten Jahren danach haben die Kinderbuchverlag alle gesagt: Kinder-Comics verkauft sich nicht. Kinder-Comics geht nicht, kann man nicht machen.

Das ist auch der Grund, warum sich teilweise der Output, den ich gerade in den letzten Jahren hatte, ein bisschen krass anfühlt. Weil: es erscheinen ungefähr sechs Bücher von mir pro Jahr. Das liegt einfach daran, dass ich einfach schon ganz viele Sachen tatsächlich in der Schublade liegen hatte.

Franziska:
Was meinst du denn? Geht es Kinder-Comics im Moment ein bisschen besser oder sind da immer noch viele Bedenken von den deutschen Verlagen?

Patrick:
Also die Verlage sind da mittlerweile recht aktiv, die Pädagog*innen mittlerweile auch. Ich mach ganz viel Workshops an Schulen, werde eingeladen, mach Lehrerfortbildung zu dem Thema. Aber tatsächlich der Buchhandel und die Eltern tun sich immer noch sehr schwer. Leider. Das wiederum spiegelt sich in den immer noch überschaubar Verkaufszahlen wieder.

Franziska:
Also mir ist halt mal aufgefallen, dass Menschen, die nicht in der Buchbranche arbeiten, ganz oft absurde Ideen haben, wie oft sich Bücher verkaufen. Und dann sind es am Ende aber vielleicht nur 2.000 Stück und dann läuft das Buch eigentlich schon ganz gut.

Patrick:
Ja, genau das.

Franziska:
Wie ist das bei Kinder-Comics. Wie hoch ist da so eine übliche Auflage?

Patrick:
Eine optimistische Erstauflage liegt bei 3.500 Exemplaren. Und ich verdiene einen Euro an einem Buch.

Franziska:
Ja, genau. Das finde ich auch immer so die gute »über den Daumen gepeilte« Rechnung: 1,00 Euro pro Buch. Ja. ... Wie geht’s dir damit? Da musst du ja auch echt ganz schön viele Bücher machen, damit das irgendwie funktioniert.

Patrick:
Definitiv. Also wenn ich die zeichnen würde, könnte ich mir das nicht leisten. Ist so. Also das Comicmachen, das machst du, weil du Bock drauf hast. Nicht, weil du damit Geld verdienst. Nicht wirklich. Also mit Kiste haben wir das Glück, dass es wirklich so ist, dass es sich mit jedem Jahr besser zum Vorjahr verkauft. Und zwar seit Erscheinen.

Das ist schon ziemlich cool. Ist auch sehr ungewöhnlich in der Branche. Normalerweise kommt ein Buch raus, das wird toll verkauft und dann? Dann dröpelt sich das so hinterher.

Bei Kiste ist das tatsächlich anders. Aber nichtsdestotrotz muss man bedenken, dass im ersten Jahr sich 500 Exemplare verkauft haben. Ja, da ist es natürlich einfach, sich zum nächsten Jahr zu steigern. Aber trotzdem, wir sind jetzt in dem Bereich, wo ich sage, wenn man das jetzt zusammenrechnet, sind wir damit jetzt nicht reich geworden, aber eben auch nicht arm.

Wenn du also eine Comic-Reihe machst von drei Büchern, so eine Trilogie. Da musst dir als Zeichner*in auf jeden Fall klar sein, dass das eine Menge Zeit kostet. Das heißt, du arbeitest an einem Buch locker ein halbes Jahr – wenn du gut bist. Kinder-Comics sind ja ein bisschen überschaubarer von der Seitenzahl als eine übliche Graphic Novel.

Nichtsdestotrotz. Also ein halbes Jahr musst du einplanen. Und du bekommst da vielleicht einen Vorschuss, also ich sage mal, wenn es gut läuft von 3.000 Euro, für ein halbes Jahr Arbeit. Jetzt stell dir vor, du hast gesagt: Okay, wir machen eine Trilogie, wie zum Beispiel bei »Gorm Grimm«, die ich mit Kim Schmidt zusammen mache. Ja, das ist schon eine ganz schöne Dedication, die du da haben muss, dem Thema gegenüber. Und natürlich solltest du am besten auch ein paar Euro auf dem Konto haben, damit du dir das auch leisten kannst, das überhaupt zu machen.

Also die meisten Leute, die Comics machen – und so war das auch bei Uwe, dem Kiste-Zeichner – der hat das alles querfinanziert durch gute andere Jobs, die er parallel halt gemacht hat.

Franziska:
Ja! Herzensprojekte! Weil es einem eben wichtig ist und weil man es wirklich machen möchte.

Patrick:
Genau. Und der Grund, warum ich mir das leisten kann, ist, weil ich die Dinger halt »nur« schreibe. Also ich verdiene da auch nicht gigantisch Geld, aber das ist halt trotzdem im Vergleich zu den Illustrator*innen immer noch gut.

Also ich sag's mal anders. Ganz krasses Beispiel Ich habe jetzt ein Projekt, wo ich einen Comic geschrieben habe für einen slowenischen Verlag, ein ganz kleiner Verlag und das mache ich mit dem slowenischen Zeichner zusammen.

Und der Vorschuss für den Comic – und das ist für das Land schon recht groß – sind 3.000 Euro für den gesamten Comic. Die müssen wir uns teilen. Und ich habe gesagt: Okay, ich verzichte komplett auf mein Gehalt, weil das ein Herzensprojekt für mich ist und weil ich andere Vorteile davon habe, unter anderem nach Slowenien eingeladen zu werden. Und der Zeichner bekommt das komplette Geld.

Trotzdem verdient er weniger als ich, weil er im Grunde ins Minus arbeiten wird. Ich bin im Grunde auf null, selbst mit der Zeit, die ich investiert habe, um das Skript zu schreiben. Also nur um das mal so in Relation zu setzen.

Franziska:
Ja, ich finde es total gut, dass du das mal so klar aussprichst. Und ehrlich gesagt: Meine Überlegung mit meinem neuen Buch, ob das jetzt nicht vielleicht auch wieder so ein Bilderbuch-Mischling wird – mit Comic- Anteilen anstatt einer ausgeqachsenen Graphic Novel – der Gedanke kommt auch daher, weil ich so gedacht habe: Okay, 128 Seiten ... wie lange brauche ich denn dafür, wenn ich jetzt wieder von vorne anfange …

Ich muss ja auch noch nebenbei arbeiten, denn mit diesem Buch verdiene ich ja kein Geld. Das heißt, das kann ich nur so nebenbei machen, deswegen dauert das auch länger. Dann habe ich mich wirklich gefragt: Hast du Bock, das die nächsten zwei, drei Jahre zu machen? Und dann kam noch eine Sache dazu: Vor kurzem hat mir eine Illustrations- und Comic-Freundin ihr neues Buch zugeschickt (bzw. die Fahnen davon) ... Lisa Frühbeis ... kennst du bestimmt auch.

Patrick:
Ja.

Franziska:
Ihr neues Buch ist total toll. Es kommt, glaube ich, im April raus und sie hat sehr lange daran gearbeitet. Und ich habe so durchgeschaut … und habe es in ungefähr 15 Minuten gelesen. Und dann dachte ich so: Wie schade ist das denn?

Patrick:
Ja, das stimmt. Allerdings, und das wird oft vergessen beim Comic. Also gerade Kinder lesen das ganz oft. Also diese Kritik liest man tatsächlich auch auf Amazon, teilweise auch im Sinne von »Toll, mein Kind hat endlich gelesen, aber das war ja echt teuer, weil in zehn Minuten war es damit durch«. Aber natürlich wird dieses Kind, wenn es den Comic mag, dann wird es das Buch in seinem Leben mindestens zehnmal lesen. Und wenn man das aufrechnet, ist das natürlich eine ganz andere Sache.

Franziska:
Ja, das stimmt. Ich erinnere mich auch, dass ich als Kind sehr viel »Lustige Taschenbücher« gelesen habe, damals gab es ja nicht so viele Comics. Ich habe sehr viele lustige Taschenbücher gelesen und die habe ich sehr gern und sehr oft gelesen. Also einfach immer und immer wieder.

Patrick:
Ja, genau … Also ich verdiene vor allen Dingen mein Geld eben dadurch, dass die Buchbranche so stark auf die Autor*innen fixiert ist und nicht auf die Illustrationen. Es ist es halt so, dass ich ständig eingeladen werde zu irgendwelchen Lesungen. Und damit verdiene ich halt auch ganz gut Geld. Ein weiterer Vorteil, der Autor zu sein meiner Bücher, nicht der Illustrator.

Franziska:
Ah ja, spannend. Ich glaube auch, dass wenn man Bücher machen will, dann kommt man ja um so eine Mischkalkulation auch nicht drum herum, oder? Man braucht verschiedene Dinge oder Standbeine, die dann am Ende das Gesamtpaket machen.

Patrick:
Und es geht ja auch den Kinderbuchautor*innen so, also es ist ja nicht nur im Comic-Bereich so und ich kämpfe ja auch immer um den Stand der Illustration in der Branche, kann aber auch wirklich immer nur allen Illustrator*innen raten, wenn es irgendwie geht, eigene Texte zu machen für Bilderbücher oder so – weil man damit eben weitere Optionen hat, Geld zu verdienen.

Denn es ist einfach so: Die Branche goutiert Autor*innen auf den verschiedensten Ebenen und eben auch monetär und dementsprechend macht es halt Sinn, das zu probieren.

Franziska:
Hmm, in meinem Script steht die Frage: Welche zwei Tipps würdest du den jungen Kinderbuch-Illustrator*innen geben? Das wäre sozusagen schon mal Tipp Nummer eins, oder?

Patrick:
Definitiv. Das ist mein Hauptjob.

Franziska:
Hast du noch einen zweiten Tipp?

Patrick:
An welchem Punkt ihrer Karriere sind sie denn?

Franziska:
Sie fangen gerade an, sich das mal anzugucken, haben vielleicht schon so ein, zwei Projekte in der Schublade, aber haben noch nicht so wirklich angefangen.

Patrick:
Also mein zweiter Tipp wäre: Sucht euch einen Job, der euch nicht zu sehr weh tut, mit dem ihr aber okay Geld verdient. Und strebt nicht an, das hauptberuflich machen zu können. Weil die Kinderbuch-Branche ist im Grunde – ich weiß nicht genau warum – aber sie ist so konstruiert, dass man als Kinderbuch-Illustrator*in nicht hauptberuflich davon leben kann. Selbst, wenn man sehr etabliert ist.

Es dauert Ewigkeiten, um überhaupt an einen Punkt zu kommen, wo man einigermaßen Geld verdient. Aber eigentlich funktioniert es trotzdem nicht. Also die Branche ist »built to fail«. Ich weiß nicht, warum das so ist. Und es ist nicht nur in Deutschland so. In Amerika ist es etwas anders, weil der Markt einfach größer ist. Aber in fast allen europäischen Ländern, bis auf England, weil die viel exportieren, ist das so.

Dass man eigentlich nicht davon leben kann. Außer man arbeitet Tag und Nacht und hat einen Partner oder eine Partnerin, die einen finanziell unterstützt. Und von daher ist es entweder wichtig, dass man einen sehr guten Illustrationsjob hat (aber auch das ist natürlich nicht so einfach). Von daher ja also: Sucht euch lieber irgendeinen gut bezahlten Job.

Das gibt euch auch die Freiheit, jetzt die Herzensprojekte – oder aber auch einfach nur die kreativen Möglichkeiten, die in euch stecken – stärker auszubauen. Weil der Fehler, den ich damals gemacht habe, ist nämlich der, dass ich gedacht habe, man kann damit Geld verdienen. Und deswegen habe ich auch so viele Bücher gemacht. Also 70 Bücher in 20 Jahren, das ist, glaube ich, ein ganz guter Schnitt. Und das liegt aber eben auch daran, dass ich ständig gearbeitet habe, die ganze Zeit – und trotzdem hat es finanziell vorne und hinten nicht gereicht.

Ich habe tatsächlich lange Zeit gedacht, aufgrund von Un-Informiertheit, dass ich irgendwann an einen Punkt komme, wo ich denke: Ja, jetzt habe ich es geschafft. Und dann verdiene ich vernünftig Geld. Aber de facto ist es so: Wenn du nicht zufällig einen Bestseller illustriert oder geschrieben hast, wird das nix. Und man muss ja sagen: Bestseller, die fallen auch nicht vom Baum. Also das ist auch eher selten. Deshalb: Das Ganze hauptberuflich anzustreben funktioniert einfach nicht – so hart das ist. Aber es ist die Tatsache, die sich nicht nur bei mir, sondern eben auch bei vielen Kolleg*innen widergespiegelt hat in Gesprächen über all die Jahre.

Franziska:
Ja, also das deckt sich auch total mit meinen Erfahrungen. Ich habe schon so ein paar Illustrations-Kolleg*innen, die gut damit auch wirtschaftlich unterwegs sind, aber die arbeiten halt auch wie die Pferde und vor allen Dingen sind sie superschnell. Ich habe so ein paar Kommiliton*innen, mit denen ich zusammen Weimar studiert habe, die damals schon sehr schnell waren, die jetzt irgendwie echt so Raketen sind. Illustrationen-Raketen.

Patrick:
Arbeiten die auch im Kinderbuchbereich?

Franziska:
Ja, schon. Also ich habe so ein paar Leute in meinem Umfeld, wo ich sage, die treffen smarte wirtschaftliche Entscheidungen. Sie fokussieren sich sehr darauf, die Auflagenhöhe höher zu bekommen und treffen da auch sehr strategische Entscheidungen, damit ihre Bücher kontinuierlich hohe Auflagenhöhen erreichen.

Und gleichzeitig ist sie superschnell und produzieren sehr, sehr viele Bücher und haben einfach einen immensen Output. Das könnte ich nicht und ich halte mich persönlich auch schon für schnell.

Patrick:
Also ein weiterer Punkt, der sozusagen dagegen spricht, das Ganze hauptberuflich anzustreben, ist halt der, dass zum Beispiel seit ich angefangen habe vor 20 Jahren, sind die Preise, sowohl die Preise für die Bücher als auch die Honorare kaum gestiegen, teilweise sogar gefallen. Und man muss sich aber vorstellen, als ich vor 20 Jahren angefangen habe und dachte, okay, irgendwann wird das besser, weil dann bin ich ja etabliert.

Nein, es ist tatsächlich so, dass ich heute weniger verdiene, wenn man die Inflation der letzten 20 Jahre dazurechnen. Ich kann mir heute von dem Geld, was ich bekomme als Honorar, weniger kaufen.

Franziska:
Ja, und ich stimme dir total zu. Ich persönlich halte es auch für eine super gute Idee, wenn man Bücher machen will, da wirtschaftlich sehr ehrlich hinzuschauen und sich zu überlegen, wie kann das funktionieren? Und meine persönliche Lösung ist halt auch, einfach andere, wirtschaftlich stärkere Standbeine zu haben.

Ich arbeite auch im Design Bereich, da ist es so viel leichter, gut bezahlt zu werden und das fällt mir leicht. Da bin ich schnell. Das kostet mich auch nicht so viel Energie, wie meine eigenen Bücher zu machen.

Und ich finde es ehrlich gesagt auch total gut, in meinen eigenen Büchern wirtschaftlich freie Entscheidungen treffen zu können. Also mir keinen Kopf machen zu müssen, ob sich das Buch gut verkauft oder nicht, sondern einfach das zu machen, worauf ich Bock hab.

Patrick:
Genau! Und die Wahrscheinlichkeit des Erfolges erhöht sich ja tatsächlich dadurch, wenn du eben nicht der Schere im Kopf nach gibst. Weil gerade hier in Deutschland sind die Verlage ja eine gigantische Schere, die in deinem Kopf rumgeschnippelt hat. Diese ganzen Do’s und Don’ts, die jetzt natürlich noch stärker geworden sind durch die Verunsicherung im Rahmen der Political Correctness.

Aber das war ja vor 20 Jahren schon so, dass die Dinge, die hier in Deutschland zugelassen werden, kreativ sehr limitiert sind. Das heißt also, wenn du erst mal die Möglichkeit hast, frei zu arbeiten und frei zu denken, bevor du zum Verlag gehst, kann das dem Werk nur gut tun und hat dadurch, glaube ich, auch stärkere Chancen, international erfolgreich zu werden. Denn natürlich ist erstrebenswert, auch die größeren internationalen Märkte im Blick zu haben.

Franziska:
Hmm! Ja! Weil: Größere Auflagen, höhere Honorare.

Patrick, wir kennen uns ja schon total lange. Und seitdem ich dich kenne, verbinde ich mit dir, dass du immer gerade irgendwas Neues ausbrütet. Wann haben wir uns eigentlich kennengelernt? Und ich glaube, wir haben uns kennengelernt, als du gerade den Carl-Buch-Preis ausgebrütet hast.

Patrick:
Ja, genau, den genauen Zeitpunkt kann ich auch nicht mehr festmachen. Du warst in der ersten Carl-Buch-Preis-Jury mit dabei, damals im ersten Jahr und das ist ja auch schon zehn Jahre her.

Franziska:
Verrückt!!

Patrick:
Genau. Für alle, die es vielleicht nicht wissen: der Carl-Buch-Preis ist ein Preis, der einmal im Jahr für die beste Kinderbuch-Cover-Illustration vergeben wird. Und der ist mit 2.000 Euro dotiert und wir haben eine Fachjury, die die Vorauswahl trifft, und eine Kinder-Jury, die am Ende aus acht vorausgewählten Büchern dann die beste Cover-Illustration wählt.

Franziska:
Voll schön. Ein total gutes Projekt. Das ist auch das, was ich mit dir verbinde. Du bist so eine starke Stimme für die Illustrationsbranche und setzt dich auch immer wieder für die Sichtbarkeit von Bildern ein und die Bild-Autor*innenschaft, die da auch mit drin steckt. Und ich finde es total schön, weil das, was du im Moment gerade ausbrütet, ist irgendwie der nächste logische Schritt: Eine Konferenz zu Illustration. Magst uns mal was darüber erzählen?

Patrick:
Ja, das stimmt, es ist der nächste logische Schritt. Tatsächlich war es so, dass ich so frustriert war über diesen beknackten Deutschen Kinderbuch-Preis, der 2021 mit 500.000 Euro oder so was dotiert was für Bücher, die voll illustriert sind – und der Preis hat komplett die Illustratorin ignoriert. Also da habe ich mich sehr geärgert, mich alleine, wie ich weiß. Aber dadurch, dass ich so früh darauf reagiert habe und einer der wenigen gewesen bin, die überhaupt zu denen durchgedrungen ist ... die haben mir ja geantwortet … habe ich eben das Ganze damals auch publik gemacht. Und daraufhin haben sich auch die Illustrator*innen an mich gewendet, die nominiert war – oder eben NICHT nominiert war. Die waren teilweise eingeladen, durften dann kommen, wenn sie wollten, aber ihre Reisekosten wurden nicht bezahlt und dann konnten sie sozusagen, wenn sie Lust hatten, zugucken, wie die Autorin oder der Autor dann das Geld einsackt.

Alles, was da hinter den Kulissen, auch bei den Autor*innen, hintenrum ablief, war ganz übel. Ich glaube bis auf eine haben die Autor*innen auch keinerlei Signale gegeben, dass die überhaupt bereit wären, irgendwas von dem Geld abzugeben. Na gut, das also fand ich alles schlimm. Und dann habe ich überlegt, was man da tun kann, und hatte auch schon so eine Kampagne, so ähnlich, wie die von Sarah McIntyre, ausgearbeitet.

Die von Sarah hieß »Pictures means Business«. Also so eine Kampagne zum Sichtbarmachen der Illustration. Und was mich auch unfassbar nervt, sind diese ganzen Kinderbuch-Bloggerinnen – also auch da sind es fast nur Frauen; das heißt, das Sternchen kann ich weglassen – die über Bilderbücher schreiben, über stark illustrierte Kinderbücher. Und nicht nur, dass sie nicht mal ein oder zwei Sätze über die Illustrationen verlieren. Teilweise erwähnen sie noch nicht mal die Illustrator*innen. Da kriege ich echt Wut.

Ich habe tatsächlich einfach nur für mich persönlich eine Lösung gefunden, um das auszugleichen: Ich blockiere die jetzt. Mir folgen ja einige von denen, weil die irgendwie meine Comics toll finden. Aber auch da kriege ich teilweise Rezensionen, wo die Bilder nicht erwähnt werden. In Comics!!! Ey!!! Okay, sorry, also du merkst, ich habe da sozusagen eine starke Energie in dem Bereich und diese Kampagne erschien mir dann aber zu defensiv.

Ich habe gesagt, eigentlich – auf Deutsch gesagt – können die mich alle mal am Arsch lecken und zwar lang und breit, von oben bis unten und gerne auch drei Stunden. Und dann habe ich gedacht, ich will jetzt was machen, was sozusagen nur für uns ist, wo wir uns feiern können, wo wir uns unterstützen können, wo wir Kontakte knüpfen können, auf die Schulter klopfen können, uns in die Schulter heulen, was auch immer.

Mit so einer vagen Idee habe ich dann mit Dirk Uhlenbrock telefoniert. Der ist ja auch Grafiker, aber eben auch Illustrator und interessiert sich wie ich auch für die Geschichte von Illustration. Und wir haben so drüber geredet, auch weil er eigentlich vorhatte, ein Magazin für Illustration rauszugeben und ich ihn gleichzeitig gefragt habe, ob er Interesse hätte, eine Monografie zusammen zu machen, weil ich einen Nachlass von einem Illustrator verwalte.

Und dann ist uns irgendwie im Gespräch aufgefallen, dass es so etwas wie eine Konferenz nur für Kinderbuch-Illustration überhaupt nicht gibt. Und er ist, glaube ich, ähnlich gestrickt wie ich. Deshalb haben wir beschlossen: Dann machen wir das! Die Entscheidung fiel, ohne zu wissen, was da auf uns zukommt. Natürlich schon ahnend, dass es eine Menge Arbeit ist. Aber wir sind so kopfüber rein gesprungen.

Und ja, es ist auch eine Menge Arbeit, aber Dirk ist so ein toller Partner. Also es ist das erste Mal überhaupt in meiner Karriere, wo ich das Gefühl habe, dass ich jemanden habe – bei so einem Projekt, mein ich, also nicht in Buchprojekten – der genauso ziehen kann wie ich. Sonst war ich oft so derjenige, der gezogen hat.

Das, was die Frauen im Allgemeinen in der Beziehung mit Kindern machen, diese Mental Load-Sache, das war irgendwie das, was meistens auf mir lag und was mir dann auch zu viel wurde. Und Dirk trägt diesen Part genauso mit und zeitweise eben auch stärker als ich. Wenn ich dann denke, das wird alles zu viel, wir schaffen das nicht, keiner interessiert sich dafür, niemand wird je eine Karte kaufen.

Dann sagt er: Wir kriegen das hin. Wir haben schon so viel und wir machen weiter. Und ja, das ist total großartig, dass ich ihn da gefunden habe als Partner. Und ich freue mich total auf die Konferenz.

Franziska:
Wie toll! Sie heißt ja »Bunte Hunte«. Ja, richtig? Ich habe vorhin extra geübt, das auszusprechen. Und sie findet im Juni statt, am 23. bis 25. Juni 2023.

Patrick:
Genau.

Franziska:
Und ihr habt echt krasse Gäste. Ich habe nämlich schon mal so ein bisschen gelunzt, sozusagen. Und mal geschaut, wer denn eigentlich alles ausstellt und Workshops gibt.

Patrick:
Ja, wir sind sehr zufrieden mit unserem Programm und haben uns sehr gefreut, dass wir die Leute einladen können. Es war uns total wichtig von Anfang an, das Ganze auch so professionell zu machen, dass wir auch sowohl uns als auch alle anderen bezahlen können. Wir können ja keine eine Konferenz starten, die unter anderem auch das Ziel hat, die Branche und unsere Zunft noch stärker zu professionalisieren.

Und dann – wie in der Kunst zu üblich – alles ehrenamtlich machen. Das ist totaler Quatsch. Und in Amerika ist es total üblich, dass solche Fortbildungsmaßnahmen, Konferenzen und so weiter stattfinden. Und das man dafür auch Geld ausgibt. Aber hier in Deutschland eben nicht. Zumindest nicht in unserer Branche. Es ist zumindest nicht so selbstverständlich.

Und dann war da auch so ein Punkt, im Januar, wo eben noch nicht ganz klar war, ob das irgendjemand interessieren wird oder nicht und ob jemand bereit ist, Geld dafür auszugeben. Und ja, der hat mich da fast zum Einknicken gebracht. Ich dachte, das klappt doch sowieso nicht. Genau, aber die Ticket-Verkäufe laufen gut an. Es sind zwar noch ein paar da, aber wir sind ganz zuversichtlich, dass wir die Reihen füllen werden.

Franziska:
Wo kann man sich denn anmelden, wenn die Hörer*innen jetzt denken: Ah, das klingt ja total spannend.

Patrick:
Ja, also anmelden kann man sich nicht – man kann eine Karte kaufen und dadurch ist man sozusagen praktisch angemeldet. Das geht über die Website www.bunte-hunte.de. Ja, und wenn man sich noch nicht ganz klar ist, ob man will oder nicht, empfehle ich auch, den Newsletter zu abonnieren. Denn wir sind zwar auch auf Instagram aktiv, aber wie wahrscheinlich auch deine Hörer*innen leidlich erfahren, man erreicht eben auch nicht alle über Instagram. Wenn man wirklich wissen will, was Phase ist, macht es Sinn, den Newsletter zu abonnieren.

Franziska:
Sehr guter Tipp. Auf zu neuen Ufern. Ein ganz, ganz großes Dankeschön an dich, dass du heute hier warst und dass du so viel Wissen auch mit mir und mit den Hörer*innen geteilt hast.

Patrick:
Immer!!

Franziska:
Ich wünsche euch ganz, ganz viel Erfolg mit eurer Konferenz und den bunten Hunten. Der Name ist ganz schön schwer auszusprechen, aber ich mag den Namen trotzdem sehr gern. Es wird bestimmt der Knaller und ich wünsch euch ganz viel Spaß und ganz viel guten Austausch und gute Energie.

Patrick:
Vielen Dank! Ich werde auf jeden Fall ein Glas Rotwein auf dich erheben am Eröffnungsabend.

Franziska:
Das freut mich sehr. Dankeschön, lieber Patrick. Und dann sehen wir uns bald.

Patrick:
Hoffentlich. Tschüss.

 

So, jetzt mal die Frage an dich:

Fährst du am 23. bis 25. Juni nach Buxtehude zur Bunte Hunte? Wenn ja, dann kauf dir heute noch ganz schnell dein Ticket. Und welche Aha-Momente hattest du heute? Wie geht es dir mit dem wirtschaftlichen Einblick, den Patrick in die Kinderbuchsverlagswelt gegeben hat??

Ich möchte dir hier noch einmal Mut machen, solltest du dich gerade etwas demotiviert fühlen. Beim wirtschaftlich ehrlich hinschauen und damit Lösungen entwickeln, wie du trotz dieser Situation die Bücher machen kannst, die du machen möchtest, hilft dir Positionierung.
 

Positioniere dich selbstbestimmt!

Deshalb lade ich dich jetzt schon einmal ganz herzlich in die Portfolio-Akademie ein. Das ist mein 12-wöchiges Onlineprogramm für Illustrator*innen und Designer*innen und darin positionierst du dich nachhaltig – sowohl wirtschaftlich als auch künstlerisch – was einfach bedeutet, dass dich die Portfolio-Akademie befähigt, dich wirtschaftlich so aufzustellen, dass du das Geld verdienst, das du verdienen möchtest und gleichzeitig auch noch Zeit und raum da ist für dein Herz und deine Herzensprojekte.

Wenn das in deinen Ohren gut klingt, dann trag dich gern auf die Warteliste der Portfolio-Akademie ein. Denn die nächste Runde startet im Herbst und wenn du auf der Warteliste stehst, dann bekommst du einerseits alle Infos als Erstes und gleichzeitig bekommst du auch einen ganz besonderen Special-Wartelisten-Bonus. Eintragen kannst du dich auf www.diegutemappe.de/pa/

Teile deine Erkenntnisse und Erfahrungen zum Geld verdienen mit dem Büchermachen und Comicsmachen gern unter dem Podcast, hier direkt unter dem Blogartikel oder auf Instagram.
 
Und damit wünsche ich dir alles Liebe.
Wir hören uns wieder nächste Woche, bis dahin, Franziska
 

Darf ich dich heute um einen Gefallen bitten?

Für den Verkauf von Büchern sind gute Bewertungen enorm wichtig. Wenn du mein Buch »Die gute Mappe« schon gelesen hast und es dir gefällt, hilfst du mir sehr mit einer Rezension auf Amazon und Co. Du kannst sogar eine Bewertung hinterlassen, wenn du das Buch in einem anderen Buchladen gekauft hast (was ich begrüße). Sharing is caring! Danke dafür! Und auch ein ❤️ und ein Danke an die, die schon eine Rezension geschrieben haben.

 
Hast du noch mehr Portfolio-Fragen? Schreib mir gern, dann nehme ich diese gern in den kommenden Blogposts auf. Liebe Grüße, Franziska

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